Ex-CIOs von BMW und VW
"Wir müssen weg von diesem Schneckentempo"
"Die Automobilindustrie muss die digitale Transformation mit mehr Speed vorantreiben", fordert Klaus StraubKlaus Straub, langjähriger CIO der BMWBMW Group. DigitalisierungDigitalisierung habe immer mit Geschwindigkeit zu tun. Zentrale Fragen lauten für ihn: "Wie können wir schneller auf Veränderungen reagieren? Wie kriegen wir Produkte früher auf den Markt?" AgileAgile Methoden, wie sie die BMW-IT unter seiner FührungFührung auf breiter Front einführte, seien eine Antwort darauf, und das nicht nur in der Automobilbranche. Auch in der Legacy-IT brauche es eine agile Transformation. Dazu gehöre es, Prozesse und Kulturen dramatisch zu verändern. Straub: "Viele schreiben heute agil drauf. Wenn man unter die Decke schaut, entdeckt man Wasserfall in Reinkultur." Top-500-Firmenprofil für BMW Profil von Klaus Straub im CIO-Netzwerk Alles zu Agile auf CIO.de Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Alles zu Führung auf CIO.de
Auf dem automotiveIT-Kongress in Berlin blickte Straub im öffentlichen Talk mit Martin HofmannMartin Hofmann, vormals Group CIO der Volkswagen AGVolkswagen AG, auf die großen Umbrüche in der Automobilindustrie zurück. Von der einst Mainframe-dominierten IT-Welt über Client-Server-Architekturen, dem Aufkommen von Web-Technologien bis hin zum Siegeszug des Cloud ComputingCloud Computing habe man immer wieder radikale Technologiesprünge erlebt, so Straub. Heute sei klar: "IT-Kompetenz im Unternehmen entscheidet über den Erfolg". Wer IT nicht beherrscht, werde auf lange Sicht Probleme bekommen. Top-500-Firmenprofil für Volkswagen AG Profil von Martin Hofmann im CIO-Netzwerk Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
Ex-Volkswagen-CIO Hofmann sieht das ähnlich. Er beklagte die zu große Abhängigkeit der Autobauer von einzelnen IT-Herstellern und Systemintegratoren. Könnte er nochmal auf der "grünen Wiese" als CIO anfangen, würde er die Eigenleistung der IT drastisch erhöhen, beispielsweise in der Softwareentwicklung und bei Technologien wie künstlicher Intelligenz oder AnalyticsAnalytics. Alles zu Analytics auf CIO.de
"25 Prozent Kerneigenleistung reichen nicht"
Eine Kerneigenleistung von derzeit 25 bis 35 Prozent reiche nicht aus, ergänzte Straub, der heute unter anderem als CEO des Beratungsunternehmens Exadit aktiv ist. Er hält 70 Prozent für notwendig. Erfolgsentscheidend für den Ausbau eigener IT-Kompetenzen sei ein selektives Vorgehen. Der klassische IT-Betrieb etwa sei in vielen Fällen in der Cloud besser aufgehoben. In wettbewerbsdifferenzierenden Bereichen dagegen sei eine Eigenleistungsquote von 90 Prozent durchaus angemessen: "Die Entwicklung zu einem datengetriebenen Unternehmen, das auf künstliche Intelligenzkünstliche Intelligenz und Big DataBig Data Analytics setzt, funktioniert nur mit eigenem Know-how." Leider hießen die Digital Leader heute nicht Volkswagen oder BMW. Straub: "AppleApple würde es beispielsweise nie einfallen, im iPhone-Bereich auch nur fünf Prozent externe Softwareentwicklung einzukaufen. Die wollen eine Kerneigenleistung von 100 Prozent!" Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu Big Data auf CIO.de Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de
Tatsächlich sind die großen deutschen Automobilhersteller schon einige Schritte auf diesem Weg gegangen. Volkswagen beispielsweise gründete 2019 mit seiner Car.Software-Organisation eine separate Software-Einheit, die inzwischen unter dem Namen Cariad als eigenständiges Tochterunternehmen agiert. Dort soll unter anderem das eigene Fahrzeugbetriebssystem vwvw.os entwickelt werden. Auch Straubs Nachfolger Alexander Buresch arbeitet bei BMW daran, die Eigenleistung der IT zu stärken. Top-500-Firmenprofil für VW
- Sven Lorenz
Der langjährige Porsche-CIO Sven Lorenz ist Konzern-CPO bei Volkswagen. Bei der Kür zum CIO des Jahres 2006 schaffte es Sven Lorenz auf den zweiten Platz. - Falko Morlock
Seit 1. September 2023 ist Falko Morlock CIO des schwäbischen Maschinen- und Anlagenbauers Dürr AG. - Alexander Buresch
Alexander Buresch ist seit Januar 2020 CIO des bayerischen Automobilkonzerns. Ein Foto des Managers hat BMW bislang noch nicht veröffentlicht. Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit mehr als 20 Jahren für BMW tätig und war zuletzt Vice President Corporate Strategy and Planning. - Hauke Stars
Seit Februar 2022 ist Hauke Stars IT-Vorständin und Chief Information Officer bei Volkswagen. - Katrin Lehmann
Als CIO der Mercedes-Benz Group AG und der Mercedes-Benz AG verantwortet Katrin Lehmann die globale IT für alle Geschäftsbereiche, Marken und Märkte und berichtet direkt an den CEO. - Jürgen Sturm
Jürgen Sturm ist seit Januar 2015 Informatikleiter beim Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen. Sturm ist promovierter Ingenieur und kommt von der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH. Sturm war vor seiner BSH-Zeit zwischen 1999 und 2003 Bereichsleiter Organisation, Prozesse und Informationssysteme bei der Grundig AG. - Volker Schwarz
Der langjährige Rheinmetall-CIO Volker Schwarz ist seit Januar 2024 CIO beim Automobilzulieferer GKN Automotive. - Frank Loydl
CIO der Audi AG und damit Nachfolger des bisherigen CIO Mattias Ulbrich ist seit Februar 2018 Frank Loydl. Seit 2016 verantwortete er im Konzern die Software-Entwicklung. Ab 2009 war er bei T-Systems das Delivery Management für den Kunden Volkswagen AG zuständig. Diese Aufgabe übernahm Loydl 2013 schließlich direkt für den Automobilkonzern. - Martin Hofmann
Martin Hofmann tritt zum 1. Mai 2023 seinen neuen Posten als CTO und CIO bei Volta Trucks an. Zuvor war er drei Jahre als Senior Vice President bei Salesforce und über 19 Jahre bei Volkswagen, dort zuletzt als Group CIO. - Alexander Eisl
Der ehemalige MAN-Manager Alexander Eisl hat am 1. Oktober 2022 die Nachfolge von Skoda-CIO Klaus Blüm angetreten, der zu VW gewechselt ist. - Michael Hilzinger
Michael Hilzinger ist seit Juli 2019 CIO beim Bremsen-Spezialisten Knorr-Bremse in München. Er war zuvor Group CIO beim Stahlhändler Klöckner in Duisburg. - Petra Clemens
Seit Oktober 2024 leitet Petra Clemens die IT von Cariad, der Software-Tochter von Volkswagen. Sie kommt vom Eisenbahnlogistiker VTG. - Markus Bentele
Markus Bentele ist seit Januar 2017 Vice President Information Technology (VP)/Group CIO beim Automobilzulieferer Mahle International GmbH in Stuttgart. Zuvor war Bentele Corporate CIO der Rheinmetall AG. - Christian Ley
Christian Ley leitet seit 2006 den Bereich Informationssysteme Brose Gruppe. In dieser Funktion verantwortet er den Ausbau der IT-Lösungen im Kontext der Unternehmensstrategie. Ley begann 1995 als Diplom Betriebswirt (FH) als Trainee in der Brose Gruppe und wechselte anschließend als DV-Koordinator in die zentrale Anwendungsentwicklung. Dort übernahm er 1999 die Teamleitung für PPS- und QM-Systeme und anschließend die Leitung der Zentralabteilung „logistische Anwendungssysteme“. In dieser Funktion war er bis 2006 weltweit für zahlreiche SAP-Implementierungsprojekte verantwortlich. - André Wehner
Am 1. Juni 2021 hat André Wehner den CIO-Posten bei MAN Truck & Bus übernommen. Als IT-Chef verantwortet Wehner die weltweite IT des Nutzfahrzeugherstellers. Dazu zählen auch Produktionswerke, Logistikzentren und die eigenen Landesvertriebsgesellschaften. Sein Vorgänger Stephan Fingerling geht als Geschäftsführer zur Group IT Services GmbH, der IT-Tochter der Volkswagen Gruppe. Vor seinem Wechsel zum Münchner Nutzfahrzeughersteller war Wehner CDO bei Skoda Auto. In der neu geschaffenen Stelle kümmerte er sich dort seit 2016 um Unternehmensentwicklung und Digitalisierung. - Maik Krüger
Am 1. April trat Maik Krüger die Position des CIO bei Dräxlmaier an. Der studierte Wirtschaftsinformatiker war jahrelang in führenden IT-Positionen bei BMW tätig. - Sebastian Stoll
Seit 1. Juni 2021 ist Sebastian Stoll CIO und Group Vice President IT der FEV Gruppe. Er hat den Posten von Andreas Engels übernommen, der beim Kölner Compliance-Startup Kerberos eingestiegen ist. Stoll berichtet an CFO Jürgen Koopsingraven. Neben der Einführung von SAP S/4 Hana will Stoll die IT in die Cloud verlagern und die Security verbessern. - Saskia Kohlhaas
Saskia Kohlhaas ist seit November 2021 Senior Vice President Information Technology beim Engineering-Dienstleister der Automobilindustrie IAV. - Thomas Külpp
Seit August 2017 ist Thomas Külpp neuer CIO beim Autobauer Opel Automobile GmbH in Rüsselsheim. Zuvor war er bei Opel Director Sales & Marketing. Külpp hat Maschinenbau an der University of Applied Sciences in Wiesbaden studiert und als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Er arbeitet bereits seit 27 Jahren in verschiedenen Positionen bei Opel. - Marcus Claesson
Marcus Claesson ist CIO bei Daimler Truck. Er berichtet an den Vorstand für Finanzen und Controlling, Jochen Goetz. Darüber hinaus verantwortet Marcus Claesson die Connectivity Services innerhalb der Daimler Truck AG. Er ist seit 2017 im Unternehmen. Zuvor war Claesson CIO bei Electrolux AB. - Uwe Kühne
Uwe Kühne ist seit 2017 CIO bei GF Casting Solutions, einer Division des Georg Fischer Konzerns. Er fing 2004 bei der Georg Fischer Automobilguss GmbH als Systemanalytiker an und war zuletzt bis Ende 2016 als Head IT Operational Services bei GF Automotive für die Erbringung zentraler IT Infrastrukturleistungen verantwortlich. Auf seiner Agenda stehen die strategische Neuausrichtung der zentralen IT-Organisation, die Vorbereitung auf SAP S4/HANA, die Verlagerung zentraler IT Dienste in die Cloud sowie die Verbindung zwischen klassischer IT und Automations-Bereichen („i4.0“). GF Casting Solutions ist eine von drei Divisionen der Georg Fischer AG, ein börsennotiertes Unternehmen mit Hauptsitz in Schaffhausen, Schweiz. Das 1802 gegründete Industrieunternehmen betreibt in 33 Ländern 131 Gesellschaften, davon 51 Produktionsstätten. - Felix Willing
Felix Willing ist seit Januar 2018 Leiter des Bereichs Information Management beim Automobilzulieferer Hella GmbH & Co. KGaA im nordrhein-westfälischen Lippstadt. In dieser Position fungiert er zugleich als CIO für den globalen Hella Konzern. Zuletzt war er CIO beim Windturbinenbauer Nordex Acciona Windpower AG in Hamburg. - Bernd Süßmann
Bernd Süßmann ist seit September 2018 Head of Corporate IT bei der SAS Automotive in Karlsruhe, einem Joint Venture zwischen Continental and Faurecia. Er trägt dort die Gesamtverantwortung für die IT, führt dabei 80 Mitarbeiter und berichtet an den CFO des Unternehmens, Ekkehard Klautke. - Bernhard Pluhatsch
Bernhard Pluhatsch ist seit Oktober 2018 neuer Head of IT, Transmission Systems bei Magna Powertrain Transmission Systems (MPT TS) in Untergruppenbach bei Heilbronn. Er kommt von der Nürnberger Leoni AG, wo er von 2002 bis 2018 Vice President IT Infrastruktur war. - Michael Simon
Michael Simon (56) ist seit 1. Juli 2019 der Leiter Zentral IT und CIO der Volkswagen Retail Group. Er berichtet an die Geschäftsführung. Zuvor war der studierte Informatiker seit 2015 Leiter IT bei der Weiss Umwelttechnik GmbH. Insgesamt bringt er Erfahrung aus drei Jahrzehnten als Fach- und Führungskraft in der IT mit, unter anderem bei der Salzgitter AG Group. - Simon Blankenstein
Seit Oktober 2022 verantwortet Blankenstein als CIO die IT der Huf Group. Er berichtet an CFO Rainer Heupel. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört der weltweite Rollout von SAP S/4 HANA. - Tommy Andreasen
Nach der Fusion von MAN Diesel und MAN Turbo wurde Tommy Andreasen, vorher CIO von MAN Diesel, Anfang 2010 CIO der neu geschaffenen MAN Diesel & Turbo Gruppe. In den vergangenen 20 Jahren übernahm Tommy Andreasen innerhalb der MAN Diesel Gruppe verschiedene Management Positionen, schwerpunktmäßig im Bereich Finanzen und Controlling. Im Jahr 2000 wurde er Head of Information Technology bei MAN Diesel in Dänemark und entwickelte und führte eine neue IT-Strategie ein. 2006 wurde er dann CIO des gesamten MAN Diesel Konzerns.
Der ehemalige VW-CIO Hofmann, der mittlerweile für den Softwareanbieter Salesforce arbeitet, beklagt dennoch das "Schneckentempo", in dem immer noch viele Digitalisierungsprojekte abgewickelt würden: "Drei Jahre für ein geplantes ERP-Upgrade sind einfach zu lange." Doch was bremst solche Vorhaben aus? "Die Hindernisse liegen im System", sagt der Manager. Gerade in deutschen Unternehmen müsse stets alles zu 100 Prozent geregelt sein. Hinzu komme eine weitverbreitete Konsenskultur, die zwar ihre Vorteile habe, aber eben auch häufig zu Verzögerungen führe. Am Ende komme nicht selten Frust auf, so Hofmann, bis hin zur "Transformation Fatigue", also einer gewissen Müdigkeit in Sachen Digitalisierung. Straub verweist zudem auf den hohen Kostendruck, unter dem viele Projekte ständen. Besonders problematisch werde es, wenn mittendrin Budgets gekürzt würden, zugleich aber die Erwartungen an das Vorhaben gleich hoch blieben.
"No Cloud" war 2011 ein Mantra
Gibt es einen Technologietrend, den Sie in den vergangenen fünf Jahren unterschätzt haben? lautete eine Frage der Moderatoren in der Talkrunde. Die Ex-CIOs sehen hier etwa das Thema Cloud Computing. Noch 2011 hieß die Devise bei Volkswagen "No Cloud", berichtete Hofmann. Im Konzern habe es eine ganze Phalanx dagegen geben, von der IT-Organisation selbst über die Rechtsabteilung bis hin zu Kritikern, die sich um die Mitbestimmung im Konzern sorgten: "Die Widerstände aufzubrechen, war ein langer Prozess."
Zwar sei Volkswagen später durchaus "aggressiv und relativ früh in die Cloud gegangen." Doch man könnte in vielen Bereichen schon viel weiter sein, so Hofmann. Corona habe der Entwicklung zuletzt einen Schub gegeben, beispielsweise bei der Einführung von Office 365, über die zuvor mindestens ein Jahr lang im Konzern diskutiert worden sei.
Auch Straub hat seine Sicht auf Cloud Computing verändert. Vor fünf Jahren noch stand für ihn zuerst die Frage im Raum, wie man später wieder aus der Cloud herauskomme, um Abhängigkeiten von einem Provider zu vermeiden. Heute ist er überzeugt: "Ohne Cloud Computing werden Unternehmen das Thema Speed und Cyber Security nicht lösen können."
"Der CIO wird engster Verbündeter des CEO"
Um den digitalen Wandel schneller voranzutreiben, brauche es den CIO als Vorbild, aber auch die richtigen Personen in der Geschäftsführung, fordert der einstige BMW-Manager. Diese müssten nicht nur technisches Know-how mitbringen und sich mit IT-Services auskennen, sondern auch eine veränderte Kultur im Unternehmen vorleben. Auch Hofmann ist überzeugt: "Der CIO der Zukunft wird der engste Verbündete des CEO." Die Rolle des CIO wachse zunehmend mit der des CDO zusammen. Schon jetzt übernähmen Führungskräfte oft beide Positionen in Personalunion, beispielweise beim Henkel-Konzern, wo Michael Nilles seit 2019 als Chief Digital & Information Officer (CDIO) agiert. "Am Anfang hatte der CDO seine Berechtigung als Beschleuniger, Treiber und Wachrüttler", so Hofmann. Aber irgendwann müssten alle ins Boot.
Was können Automobil- und IT-Branche voneinander lernen? "Die IT-Hersteller leben schon lange mit dem 'Frenemy'-Konzept", sagt Straub dazu. Viele Autobauer täten sich damit noch schwer. Auch Hofmann fordert: "Es ist wichtig, sich auf Partner einzulassen, die neue Technologien ins Unternehmen bringen." Umgekehrt könnten aber auch die Tech-Companies dazulernen, argumentieren die Ex-CIOs, beispielsweise beim Aufbau komplexer Wertschöpfungsketten.
Hofmann drückt es so aus: "Die Tech-Branche kann von den Automobilherstellern Geduld lernen. Komplexität muss man erstmal akzeptieren." Statt mit "kalifornischer Arroganz" mit dem Finger auf die Autobauer zu zeigen, sollten die Tech-Companies besser herausfinden, in welchen Bereichen sie der Industrie konkret helfen können. Dazu gehöre auch, sich mit Themen wie Mitbestimmung oder konsensgetriebenen Entscheidungen auseinanderzusetzen.