Strategien


Cognitive Computing

Algorithmen in der strategischen Planung



Der Diplom-Informatiker und Elektrotechniker Wolfgang Schmidt begann seine Karriere als Software-Entwicker für Mainframe- und Unix-Umgebungen und ist seit vielen Jahren als Architekt, Berater und Projektleiter, im Software-Engineering und in der Technologieberatung tätig. Im April 2007 gründet er die X-INTEGRATE Software & Consulting GmbH und ist seitdem deren geschäftsführender Gesellschafter sowie Lehrbeauftragter an öffentlichen und privaten Hochschulen im Bereich integratives Geschäftsprozessmanagement und Digitales Management.
Künftig werden mehr Technologien des Cognitive Computing eingesetzt werden. Die Qualität der Entscheidungsprozesse wird sich damit zweifellos verbessern. Trotzdem bleiben auch weiterhin subjektive Einschätzungen unverzichtbar.

Cognitive Computing - also der Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Simulation menschlicher Denkprozesse - ermöglicht es Unternehmen in der industriellen Fertigung, die ihnen vorliegenden Datenmengen zu durchdringen und so zu verarbeiten, dass sich daraus ein Verständnis für die Daten und darin liegenden Fragestellungen entwickelt. Strukturierte und unstrukturierte Daten werden durch Cognitive-Computing-Technologien analysiert und in ein semantisches System eingeordnet. Das macht sie innerhalb eines Bezugssystems für andere Systeme verständlich.

Zur Findung von Entscheidungen im produzierenden Gewerbe können auch Cognitive-Computing-Technologien herangezogen werden.
Zur Findung von Entscheidungen im produzierenden Gewerbe können auch Cognitive-Computing-Technologien herangezogen werden.
Foto: sirtravelalot - shutterstock.com

Konkret helfen solche Analysen dabei, Planungsprozesse zu verkürzen (Wo soll die neue Produktionsstätte eröffnet werden?) oder zum Beispiel die Churn Prediction vorherzusagen (Welche Kunden drohen abzuspringen?). Bis die Entscheidung über einen neuen Standort wirklich mit allen Aspekten durchdrungen ist, dauert es in der Regel Monate. Sehr große Daten- und Informationsmengen müssen zusammentragen und abgeglichen werden, um herauszufinden, welche Gründe genau für oder gegen eine Lokation sprechen, was sich durch die Schließung bisheriger Produktionsstätten ändern würde und welche rechtlichen Aspekte zu berücksichtigen sind.

Pläne, die irgendwie funktionieren

Dies geschieht alles manuell und die verschiedenen Szenarien zu verstehen und zu bewerten, ist ein langwieriger und aufwändiger Kommunikationsprozess. Dokumente müssen erstellt, Meetings geführt und im Verlaufe dessen höchst unstrukturierte Daten zusammengetragen werden. Zu den internen Informationsquellen gesellen sich externe, etwa Demographie-Daten oder Informationen über den Wettbewerb. Diese gilt es in Verbindung mit internen Daten wie den Abverkäufen von Verkaufsregionen zu bringen. Alle Daten werden in Excel-Tabellen zusammengeführt, vor denen die Planer sitzen und versuchen, sie auszuwerten.

Deshalb werden üblicherweise immer nur ein oder zwei Szenarien aufgebaut, verglichen und anschließend das Beste gewählt. Ein Fertigungsunternehmen, das nach alternativen Möglichkeiten seiner Produktionsplanung sucht, kann schon froh sein, wenn es ihm gelingt, die momentane Produktion mit neuen Aufträgen und solchen in der Pipeline aufeinander abzustimmen.

Breitere Informationsbasis im Entscheidungsprozess

An dieser Stelle können fortschrittliche Analysemethoden und kognitive Technologien eine breitere Informationsbasis für den Entscheidungsprozess schaffen. Es können auch Unwägbarkeiten berücksichtigt und bewertet werden. Denn Algorithmen und Künstliche IntelligenzKünstliche Intelligenz automatisieren - zumindest teilweise - die Analyse strukturierter und unstrukturierter Daten und das Vergleichen von Szenarien. So entsteht ein robusterer und damit besserer Plan. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

Zum Beispiel werden unstrukturierte Informationen aus Facebook-Kommentaren mittels Sentimentanalyse automatisiert ausgewertet. In die Standortwahl spielen dann weitere Faktoren ein, die manuell gar nicht zusammengetragen werden könnten. Sie heranzuziehen führt später unter Umständen zu einer ganz anderen, Entscheidung.

Der unterstützende Charakter des Cognitive Computing

Es gilt zu trennen: Mathematisch fundierte Analysemethoden sollen automatisierte Entscheidungen eigenständig treffen. Kognitive Technologien können dies zwar auch, doch haben sie eher unterstützenden Charakter. Bei der Entscheidungsfindung ist hier subjektives Bauchgefühl gefragt, durch Hinzunahme von Künstlicher Intelligenz wird das Ergebnis aber letztlich ein besseres sein.

Welchen Anteil das subjektive Empfinden hat, liegt auch an der jeweiligen Rolle. Überall wo Menschen miteinander arbeiten, zum Beispiel im Personal Recruiting, wird es wohl eine größere Rolle spielen, als wenn der Werks- oder Logistikleiter darüber urteilen soll, wie das Unternehmen seine Supply Chain aufbauen soll.

Automatisierung von Entscheidungen ist am ehesten denkbar in operativen betrieblichen Prozessen, in denen es um Rationalisierung geht. Im Call Center entscheidet das kognitive System, an wen der Anrufer weitergeleitet wird. Den Fall der verlorenen Kreditkarte bearbeitet dann der Sprachcomputer und für persönliche Anliegen sollte es wohl eher der Kundenberater sein. Mittels Sentiment-Analysen lässt sich sogar anhand der Tonlage des Anrufers herausfinden, ob sogleich besser ein Berater mit Deeskalationskompetenz hinzugeschaltet wird.

Breite digitale Datenbasis und vernetzte Prozessketten als Voraussetzung

Je größer die digitale Basis herangezogener Informationen im Unternehmen ist, desto besser lassen sich kognitive Technologien einsetzen. Hat ein Unternehmen viele dieser Prozesse noch nicht digitalisiert, fehlt auch die Möglichkeit, diese Daten zu erheben. Und einer weiteren Voraussetzung bedarf es, um Cognitive Computing in strategischen Entscheidungen sinnvoll einzusetzen: Daten, mit denen die Technologien arbeiten können. Im industriellen Umfeld bedeutet dies, dass Prozessketten horizontal und vertikal stark vernetzt sind - ein klassisches IoT- und Industrie-4.0-Thema.

Die Motivation, sich mit Cognitive Computing in Entscheidungsprozessen zu beschäftigen, entwickelt sich zumeist aus einer Geschäftschance - oder auch einer Marktbedrohung - heraus. Ob die Ausgestaltung von Cognitive Computing dann wirkliche KI-Verfahren sind, klassische Ketten aus Data Mining und neuronalen Netzen oder Predicitive AnalyticsAnalytics, ist letztlich nur eine Frage der technischen Ausgestaltung. Im Prinzip geht es stets darum, dem Planer durch technische Unterstützung mehr Alternativen vorzuschlagen, als er manuell zu-sammentragen könnte. Und dann lässt man entweder den Algorithmus entscheiden. Oder aber wählt selbst unter Maßgabe seiner eigenen Erfahrungswerten und subjektiven Bewertungen die geeignetste Alternative. Alles zu Analytics auf CIO.de

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