Sascha Lobo über Aufschieberitis
Aufruf zur Disziplinlosigkeit
Karriere ist Macht- und Geldstreben
CIO: Es gibt schon einige Ratgeber zum Thema Prokrastination. Die lehnen Sie in ihrem Buch ab. Warum?
Lobo: Weil sie verlangen, dass wir uns ändern, um in die heutige Gesellschaft zu passen. Die ist komplex, kompliziert und kantig. Wie ein enges Korsett, in das uns all die anderen Ratgeber hineinpressen möchten. Kathrin Passig und ich glauben nicht, dass wir uns ändern müssen. Das Korsett sollte sich ändern.
CIO: Gibt es schon Beispiele dafür, dass das Korsett sich ändert?
Lobo: Ja. Die US-Firma Best Buy ist so ein Beispiel. Dort müssen die Mitarbeiter nicht zu festen Zeiten ins Büro kommen, sondern werden an ihrer Produktivität gemessen. Sie sind im Büro, wenn sie es wollen, nicht wenn sie müssen.
CIO: Sie unterscheiden bei der Arbeit zwischen Beruf und Karriere. Wo liegt der Unterschied?
Lobo: Beruf ist etwas, das ich gerne mache, gewählt habe und lustvoll ausübe. KarriereKarriere hat dagegen viel mit Macht- und Geldstreben zu tun. Wer Karriere macht, nimmt viel unschöne Arbeit in Kauf und wird schon deswegen zum Arsch. Alles zu Karriere auf CIO.de
CIO: In ihrem Buch plädieren Sie dafür, sich dem Druck endloser To-do-Listen zu entziehen, weil man die Dinge auch so in den Griff bekommt. Was hat man denn von Disziplinlosigkeit?
Lobo: Ein erfüllteres Leben. Man merkt, was gut für einen ist. Das gilt fürs Private und den Job. Genauso merkt man auch, was nicht gut für einen ist. Bekommt man bestimmte Dinge im Job permanent nicht hin, sollte man sich vielleicht überlegen zu wechseln.
"Dinge geregelt kriegen - ohne einen Funken Selbstdisziplin" von Sascha Lobo und Kathrin Passig, Verlag Rowohlt Berlin, Oktober 2008, 19,90 Euro im Internet: www.prokrastination.com