Leistungssport als Managerschule

"Irgendwer ist immer besser als Du"

15.03.2010
Von Eva Buchhorn

Der Sohn eines Heidelberger Drogisten übte den präzisen Schlag in den 60er Jahren auf dem Neckar, im renommierten Heidelberger Ruderclub von 1872. Der Verein hat diverse Deutsche Meister und sogar internationale Champions hervorgebracht und seit jeher nach englischem Vorbild zwei Diziplinen gepflegt: sommers wird gerudert, im Winter Rugby gespielt. 1963 erkämpfte sich der damals 19jährige Werner den Titel des Deutschen Jugendmeisters im Doppelzweier. Noch heute schwingt er sich zwei bis drei Mal pro Woche ins Boot und zeigt stolz die Schwielen an seinen Händen vor.

Werner, ohnehin ein geschliffener Redner, gerät beim Nachdenken über die psychologischen Segnungen des Leistungssports ins Philosophieren. An seinen Trainer erinnert er sich, der ihm vermittelt habe, das "jeder Tag einer neuer Anfang sei". Einem hartgesottenen Manager mag diese Weisheit als Binse erscheinen, im jungen Menschen hingegen verankere sie Hoffnung und Hartnäckigkeit als "charakterlogische Veranlagung" und könne damit für den späteren Lebensweg unglaublich wertvoll werden.

Das Hohelied des Teams

Und warum eigentlich Binse? Sei nicht auch im HandelHandel jeden Morgen die Kasse leer, müsse nicht auch der Händler jeden Tag seine Kunden neu gewinnen? Und erst das Glück, Teil einer Mannschaft zu sein! Bis zu acht Ruderer müssen in einen gemeinsamen Rhythmus finden, jeder unsynchronisierte Schlag kostet wertvolle Sekunden. Nur das perfekte Zusammenwirken im Team führt zum Erfolg. Der Rhythmus wiederum alterniert zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen Initiative und Reflektion, und - meint Werner - sei damit den Handlungsphasen des Managements nicht unähnlich. Sei nicht auch hier jeder blanke Aktionismus zum Scheitern verurteilt, brauche es nicht vielmehr das Wechselspiel zwischen Investition/ Expansion und Phasen des Reifenlassens? Top-Firmen der Branche Handel

Für Götz Werner, den Antroposophen, hielt ein geglückter Ruderwettkampf Momente der Transzendenz bereit, des Aufgehens in einer Kraft, die größer ist als man selbst. 2000 Meter spiegelglatte Regattastrecke waren zu überwinden, vorher habe er jedesmal gedacht: "Das schaffe ich nie!" Dann das Startkommando, der Schlagmann gibt den Takt vor, und irgendwann kommt der Moment, in dem die Schinderei nebensächlich wird - "man fühlt sich von der Mannschaft getragen, die Möglichkeiten erscheinen grenzenlos."

Der junge Werner stieg aus dem Boot, bereichert um die Erkenntnis: "Im Team kannst Du mehr aus Dir herausholen, als Du wusstest." Das Hohelied des Teams: Manager singen es so gerne wie Mannschaftssportler. Zwar ist von perfekt harmonierenden Vorstandsteams realiter eher selten zu hören - Mannschaftssportler sind in der Unternehmenswelt argumentativ immer im Vorteil. Dagegen wirkt der einsame Läufer eigenbrötlerisch, wie gemacht für eine exotische Spezialistenfunktion. Womit wir wieder bei Thomas Tribius, dem Ultra-Marathon-Mann wären. Tribius rennt allein - und ist zugleich ein äußerst erfolgreicher Manager. Otto ist seine dritte berufliche Station: Zuvor wirkte er neun Jahre bei Bertelsmann in New York, dann heuerte er für weitere acht Jahre als CIO beim Springer Verlag an und führte jeweils große Teams.

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