Umbau, Rücktritt, Nokia
Microsoft im Urteil von Analysten und CIOs
Wähnt PAC Microsoft "nur" auf dem strategischen Holzweg, hält Rob Enderle, Analyst und Gründer der Enderle Group, die Lage für fast aussichtslos. Der Konzern steckt demnach tief in einem Personalführungs-Morast. Microsoft sei durchseucht vom Konzept "Forced Ranking" und seinen giftigen Folgen für Unternehmenskultur und Leistungsprinzip, so Enderle. Die Mitarbeiter werden durch die Bank mit Noten bewertet, die schlechtesten zehn Prozent sollen regelmäßig ausgesiebt werden.
Nach Einschätzung Enderles hat dieses System zur Folge, dass gute Leute ohne Not das Unternehmen verlassen müssen oder freiwillig Reißaus nehmen, statt Problemlösungskompetenz würden Duckmäusertum und Karrierismus gefördert. Ziele würden taktisch so niedrig angesetzt, dass sie auch erreicht werden; Chefs bekommen das zu hören, was sie hören wollen.
Nach Enderles Einschätzung sind diese weichen Faktoren der Hauptgrund für schlechte Produkt-Entscheidungen wie den MP3-Player Zune, Windows Vista oder mutmaßlich die Surface-Tablets. „Wenn sich diese Kultur nicht ändert, wird Ballmers Nachfolger noch sehr viel schlechter abschneiden als er", prognostiziert der Analyst. Insbesondere deshalb, weil der Neue vermutlich weniger geschickt im Umgang mit Zahlen sein dürfte.
Dringend nötig: Ein eigenes App-Internet-Ökosystem aufbauen
Neben derartigen Kassandrarufen fallen die Prognosen anderer Analysten maßvoll und ausgewogen aus. Forrester-Analyst George Colony betont die anhand von Windows 7, Office und Xbox nachgewiesenen Programmierstärken. Auf dieser Basis müsse die uneingeschränkte Priorität nun lauten, ein eigenes App-Internet-Ökosystem aufzubauen, um von Apple und Google nicht endgültig abgehängt zu werden und wie IBMIBM in 1990er-Jahren oder Apple um 2000 in eine echte Krise zu stürzen. Alles zu IBM auf CIO.de
Forrester-Kollege Schadler wähnt Microsoft vor einer Zerreißprobe. Der Verschwinden der Software und der Siegeszug von IT-Services könnte eine Aufsplitterung in separate Einheiten für Business, Consumer und Entertainment nahelegen; wolle man in einer universelleren Welt ohne strikte Trennung zwischen Arbeit und Privatleben weiter als starker Gesamtanbieter mit den Trümpfen Windows und Office auftreten, führe an einer Verschmelzung von Work- und Home-Lösungen kein Weg vorbei. In jedem Fall ist es laut Schadler im Kampf mit Android und iOS unabdingbar, Apps für alle Endgeräte anzubieten und beispielsweise die Cloud-Plattform Azure zum Marktplatz für sämtliche Devices zu machen.
Mit den Nokia-Handys und -Lizenzen hat sich Microsoft nach Schadlers Einschätzung möglicherweise in Stephen Elop den kommenden CEO eingekauft - und zumindest mit Lumia eine wohl leicht zu integrierende Sparte. Demgegenüber könnte Herstellern wie HP, Lenovo oder DellDell die Zusammenarbeit mit Microsoft dadurch verleidet werden. Alles zu Dell auf CIO.de
Die Chancen des Nokia-Kaufs
Ovum-Analyst Tony Cripps sieht die entscheidenden Qualitäten bei Nokia-Deal zum einen in den vergleichsweise noch hohen Marktanteilen des finnischen Herstellers im indischen Handy-Markt – ein Hebel für Microsoft, um auf dem Subkontinent Tools wie Bing oder Outlook.com zu pushen. Zum anderen habe Redmond vor allem Kontrollmacht gewonnen, um die eigenen Windows Phones gegenüber Nokia-Lizenzprodukten stärker zu positionieren. Cripps vermutet, dass hier noch die Handschrift Ballmers zu lesen ist.
Alles in allem werde das ausreichen, um als einzige ernstzunehmende dritte Kraft Apple und Google bei SmartphonesSmartphones und Tablets herauszufordern. Wenn in den kommenden vier Jahren allerdings kein drastischer Gewinn an Marktanteilen gelingen sollte, wird Microsoft laut Ovum auf dem Mobility-Markt nicht mehr aus der Nachzügler-Rolle herauskommen. Alles zu Smartphones auf CIO.de