Motivation erhalten
So kommen CIOs aus der Corona-Krise
Malaika Loher ist Motivationsexpertin, Autorin und Vortragsrednerin. Sie sorgt in Unternehmen für mehr Engagement und Führungskompetenz.
Phase 5: Emotionale Akzeptanz - Das macht doch keinen Sinn mehr
Zeitverzögert folgt die Phase der emotionalen Akzeptanz. Sie wird von Trauer und dem Gefühl des Aufgebens begleitet. Die Menschen fallen mental geradezu in sich zusammen. Der eine früher, der andere später. Ängste erhöhen den Druck. Das permanente Arbeiten außerhalb der Komfortzone mit hohem Dringlichkeitsstatus ermüdet. Wie lange diese Phase dauert, hängt stark von der emotionalen Kontrolle und Konstitution des Menschen ab. Wer vor der Krise schon Probleme mit depressiven Verstimmungen oder existentiellen Sorgen hatte oder tendenziell ein negativer Denker ist, könnte Schwierigkeiten haben, rasch aus dem "Tal der Tränen" heraus zu kommen.
Jede Phase hat ein Ende
Spätestens an dieser Stelle ist es notwendig, als Manager und Führungskraft für die Mitarbeiter Stärke und Vorbildfunktion zu zeigen. Befinden sich mehrere Menschen gleichzeitig in der Phase 5 und haben auch noch mit Kunden zu tun, denen es ähnlich geht, wird es schwierig, die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Jede Etappe endet nach einer gewissen Zeit, kann allerdings nicht übersprungen oder ignoriert werden. Die Mitarbeiter brauchen die Möglichkeit, sich über ihre Gedanken auszutauschen, selbst wenn es vielleicht länger dauert, als es die Führungskraft befürwortet. Es ist wichtig, jeden mitzunehmen.
Dieser Herausforderung stellte sich auch die Führungsmannschaft der BaWa AG. "Wir haben jeden Tag bei der IT einen Status-Call", berichtet Fausch. "Das heißt, wir treffen uns online in unterschiedlichen Konstellationen. Die Firma hat natürlich auch einen Krisenstab eingerichtet, zu dem ich gehöre und der täglich tagt." Unter der Leitung der Chief Human Resources Officer (CHRO) werde hier die aktuelle Situation beschrieben und die nächsten Schritte diskutiert: "Wir blicken so weit möglich voraus, wohin sich die Situation entwickeln könnte. Außerdem besprechen wir, welche Aktionen anstehen und was der Plan B ist, wenn es sich doch anders entwickelt als wir gedacht hatten."
Der Informationsfluss zu den Angestellten spiele in jedem Meeting eine besondere Rolle: "Der Krisenstab teilt die Neuigkeiten zeitnah unseren Mitarbeitern mit, um sie jederzeit a jour zu halten. Dazu nutzen wir unsere interne Unternehmens-App. Hier hat der Krisenstab im Rahmen eines sogenannten COVID19-Portals alle wesentlichen Frequently Asked Questions, Video-Tutorials, Motivationsmaßnahmen und Führungstrainings allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt." Alles sei darauf angelegt, Mitarbeiter in ihren operativen Belangen zu unterstützen und zu informieren, was sie tun können, um sich zu schützen oder wo sie fragen können, wenn es Unklarheiten gebe. Fausch: "So halten wir bei der BayWa Kontakt und geben den Mitarbeitern immer die Möglichkeit, Fragen zu stellen."
Syntax-CIO Herbig verfolgt eine ähnliche Strategie. Zunächst sei es vor allem darum gegangen, "dass wir keine Probleme haben, wenn wir alle auf einen Schlag von zuhause arbeiten." Jeden Morgen werfe man nun einen kurzen Blick ins globale Ticketsystem, um zu prüfen, ob ein systematisches Problem vorliege, das das Unternehmen davon abhalte, Kunden zu bedienen. Herbig: "Bislang war das nicht der Fall. Vom ersten Moment an konnten alle Mitarbeiter super von Zuhause arbeiten. Wir haben dann einen täglichen 'huddle' eingestellt, um uns global als Management Team ein Update zu geben."
Dabei gehe es vorrangig um die Mitarbeiter und deren Gesundheit, um die Kunden und um die technische Lage: "Es gibt eine kontinuierliche Kommunikation in den verschiedenen Regionen an alle Mitarbeiter, über den Status in Sachen COVID-19 in der speziellen Region, was gegebenenfalls noch beachtet werden muss, welche Tipps und Hints wir noch für die Homeoffice-Arbeit haben. Darüber hinaus habe man auch einen lustigen Wettbewerb mit den schönsten Fotos aus den verschiedenen Home-Officesorganisiert. Die Mitarbeiter schätzten die getroffenen Maßnahmen.
Möglichkeiten statt Risiken erkennen
Am Anfang einer Veränderung steht immer ein Berg aus Risiken und Problemen, über die permanent und intensiv kommuniziert wird. Aufgabe des Vorgesetzten ist es, zuzuhören und dafür zu sorgen, dass sich die Mitarbeiter nicht gegenseitig in den emotionalen Zustand der Angst zurückkatapultieren, sondern stetig nach vorne sehen. Der Rat des Chefs wird gefordert und Unterstützung erwartet. Deshalb sollte er stets aktuell über Fakten und Unterstützungsmöglichkeiten informiert sein, die nicht nur betriebswirtschaftliche Aspekte, sondern auch die Lebensentwürfe der Mitarbeiter betreffen.
Nicht zu unterschätzen ist die zusätzliche Belastung durch die Arbeit am Telefon oder in Videokonferenzen. Diese Erfahrung kann Herbig bestätigen: "Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmen, mit denen ich derzeit in Kontakt stehe, berichten vor allen Dingen, dass es eine deutliche Mehrbelastung ist, auch mental, wenn von einem Call oder Video Chat zum nächsten gewechselt wird und man versucht, die Dinge per Stimme und manchmal per Video zu regeln, die man ansonsten mit der Körpersprache und persönlich macht." Sein Tipp: "Bleiben Sie entspannt, aber wachsam. Hören Sie noch mehr auf die Untertöne in Meetings. Versuchen Sie, die Kollegen auch einzeln zu erreichen und nur kurz eine Stimmungslage abzufragen." Wichtig sei es, Kontakt zu halten, auch außerhalb der fachlichen Themen. Aus seiner Sicht gehört dies zu den Führungsaufagben.
Führung bedeutet, zuzuhören, füreinander da zu sein und Transparenz zu leben, betont BayWa-CIO Fausch: "Die BayWa selber hat einen Vorstandsvorsitzenden, der per Video kommuniziert. Da gibt es ganz regelmäßig und oft Videos, die sehr gut angenommen werden." Darauf könne er in der Kommunikation innerhalb seiner Mannschaft aufbauen. "Wir haben in meinem Bereich eine Taskforce gebildet und befassen uns über Teams und per Mail mit Covid-19 aus der IT-Perspektive heraus. Ich mache jeden Freitag ein kleines Resümee, was während der Woche passiert ist", berichtet er. Generell werde wesentlich intensiver kommuniziert, was auch viel anstrengender sei. Fausch: "Es ist gerade wie in einem Bienenschwarm. Die enge Taktung sorgt dafür, dass wir nicht zu weit auseinander laufen."