Pionier-Unternehmen Auticon
Software-Tests: Autisten als Experten
Menschen mit Asperger-Syndrom haben auch im Alltag oft besondere Probleme, etwa bei den Themen Miete zahlen, Planung oder Zeitmanagement - aber, das ist wichtig, nur in Gebieten, in denen nicht ihr Spezialinteresse liegt. Ein Asperger-Autist, dessen Spezialinteresse in der IT liegt, sei als Mitarbeiter für ein Unternehmen wie Auticon hoch funktional, sagt Müller-Remus.
Der Geschäftsführer hat mittlerweile ein großes Netzwerk aufgebaut – zum Autismus-Verband, Selbsthilfegruppen, Autismus-Ambulanzen und der Berliner Charité. "Wenn wir Leute suchen, aktivieren wir es." Bei Bewerbern achtet Auticon zunächst genau darauf, ob sie tatsächlich eine ausgeprägte IT-Kompetenz und die nötigen Fertigkeiten mitbringen, die in einem professionellen Umfeld genutzt werden können.
Vorbehalte geprägt vom Hollywood-Film "Rain Man"
"Danach führen wir einen fachlichen Eignungstest gemeinsam mit Wissenschaftlern der Freien Universität durch, die prüfen, ob wirklich die notwendige Kompetenz im analytisch-logischen Denkvermögen vorliegt", sagt Müller-Remus. Das gebe seinem Team die Sicherheit, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Eine weitere Testphase schließt sich an: Wie sind die Fähigkeiten bei der Kommunikation, im Team, unter StressStress, ist der Mitarbeiter pünktlich, ordentlich, zuverlässig leistungsbereit und motiviert? Und: "Können wir uns die Kandidaten beim Kunden vor Ort vorstellen?" Alles zu Stress auf CIO.de
In 95 Prozent der Fälle gebe es in der Öffentlichkeit - und vor allem bei älteren IT-Entscheidern - eine falsche Vorstellung von Autismus, bedauert Müller-Remus, der die bestehenden Vorbehalte abbauen will. Sie seien stark geprägt vom Film "Rain Man". Darin spielt Dustin Hoffmann den autistischen Raymond, der ein außergewöhnlich gutes Gedächtnis hat, aber kaum Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen kann. "Das ist ein Beispiel, das auf unsere Mitarbeiter nicht zutrifft. Kommunikation und Zusammenarbeit sind möglich", sagt Müller-Remus.
Vorbilder für Auticon gibt es bereits in anderen europäischen Ländern, in Belgien, Dänemark und der Schweiz. In Deutschland aber sei man das erste Unternehmen dieser Art. Notwendig für die Gründung eines solchen Unternehmens sei außer Management-Fähigkeiten und IT-Kenntnissen auch persönliche Betroffenheit. "Ich habe einen Sohn, der ist 20 Jahre alt und Asperger-Autist. Das ist meine intrinsische Motivation", sagt Müller-Remus.