Karriere-Analysen

Wie man Chef eines DAX-Konzerns wird

07.09.2009
Von Klaus Werle

Höllen ist in der Eifel aufgewachsen, was man ganz leicht beim Sprechen hört, und die Bodenständigkeit des Landstrichs schimmert durch sein persönliches Karriereprinzip: Den aktuellen Job bestmöglich zu machen, auch wenn es nicht das ursprünglich Geplante ist. Ganz schlicht, sehr effektiv. Höllen nahm den Controlling-Job an, weil es gerade nicht der Weg des geringsten Widerstands war: "Da kann ich am besten beweisen, was ich kann."

Dieser Effekt ist der wahre Grund, warum Personaler, Vorgesetzte und Experten das Hohelied von früher operativer Verantwortung und Auslandserfahrung singen: haarige Personalgespräche, Budgethoheit, der Kampf um Innovationen und Marktanteile - hier wird am ehesten klar, wer wirklich Einsatz zeigt, auch wenn's schwierig wird. Deshalb wird künftig auch die Verweildauer auf einzelnen Positionen länger werden. Die klassischen zweieinhalb Jahre sind schlicht zu kurz, um nachhaltige Resultate der eigenen Handschrift zu liefern. Die Jobhopper melden sich ab, es geht wieder um Substanz.

Denn fachliche Exzellenz, stetige Weiterbildung, schillernde Stationen, kurz: Alles, was durch Zeugnisse und Zertifikate nachweisbar ist, das wird bei Topmanagement-Aspiranten schlicht vorausgesetzt. Die wahre Hürde bilden die persönlichen Fähigkeiten eines CEOs, wie sie die befragten Aufsichtsräte erwarten: Führungsstärke, soziale Kompetenz, Visions- und Teamfähigkeit, analytische Begabung und Kommunikationsgeschick liegen hier auf den ersten sechs Plätzen. "All das muss glaubwürdig gelebt und langfristig orientiert sein", sagt Ex-Adidas-Aufseher Friderichs. "Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Fragt sich nur, ob man diese Fähigkeiten überhaupt lernen kann. Merck-Aufseher Krebs ist da skeptisch: "Eine gewisse Basis muss schon in Kindheit und Jugend gelegt werden. Man kann nicht mit Anfang 30 plötzlich beschließen, führungsstark zu werden." Anders gesagt: Klassensprecher, Kapitän beim Fußball oder auch nur Organisator einer Examenslerngruppe, das wäre sicher nicht verkehrt. Siemens-Chef Löscher etwa brachte es als junger Mann bis zum Spielführer des Kärntener Volleyballverbands. Der Rest kommt ganz preußisch-diszipliniert durch üben, üben, üben. Stichwort: operative Verantwortung in der Linie. "Die Grundvoraussetzung für Erfolg", sagt Wenning, "ist nicht Anpassung, sondern der Wille, Veränderungen selbst zu gestalten."

"Etwas mehr Demut"

Wobei mit "Gestaltung" die Arbeit selbst gemeint ist, nicht der eigene Karrierestatus. Denn "nur wer mit Leidenschaft bei der Sache ist, wird erfolgreich sein", sagt Wenning. Fachlich brillant sind viele Führungskräfte, aber auch extrem strategisch. Mit einem festen Karrierefahrplan im Kopf erachten sie es beinahe schon als unter ihrer Würde, eine Position unterhalb der Bereichsleiterebene zu bekleiden. Statt für die Sache, brennen sie vor Ehrgeiz, bisweilen über die Grenze zur Unhöflichkeit hinaus. Und verpassen mit ihrer Verbissenheit die besten Chancen für den Aufstieg. Nicht wenigen Jungmanagern, oft gerade den talentierten, "täte etwas mehr Demut ganz gut", mokieren sich einige Aufsichtsräte hinter vorgehaltener Hand.

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