Ergänzung für agile Methoden
Wie Story Maps Scrum-Projekte retten
CIO.de: Wie wichtig ist Lösungsneutralität?
Winteroll: Sie ist wesentlich, das betont auch Jeff Patton, der Erfinder der Story Maps. Schon im klassischen Requirements Engineering ist davon die Rede, und in den Richtlinien zum Lean Software Development ist das zum Prinzip erhoben. Hintergrund ist: Wenn man Details später festlegt, weiß man schon viel mehr und entscheidet auf anderer Grundlage. Zuerst sollte man immer die Abläufe festlegen.
Größter Fehler: Gleich in Lösungen denken
CIO.de: Hat die Veranschaulichung mit Story Maps Grenzen?
Winteroll: Ja. Story Maps beschreiben Abläufe. Also sind sie vor allem für Systeme geeignet, die Abläufe unterstützen. Für die Entwicklung reaktiver Systeme, nehmen wir einen Videorekorder oder ein Textverarbeitungsprogramm, sind sie weniger brauchbar. Ein Grenzfall für die Anwendung sind auch schon bestehende Systeme. Da stellt sich die Frage, ob ich im Nachhinein noch das bereits entwickelte System auf einer Story Map dokumentiere für künftige Weiterentwicklungen. Aber auch das geht. Story Maps sind eine sehr leichtgewichtige Methode, viel schlanker als eine aufwändige Geschäftsprozess-Modellierung.
CIO.de: Wenn Sie Story Maps erklären, klingt die Methode leicht umsetzbar. Welche Fehler kann ich machen?
Winteroll: Viele Kunden denken gleich in Lösungen, beschreiben also zum Beispiel detailliert die Masken der neuen Anwendung. Schwer tun sich Entwicklungsteams und Auftraggeber oder Product Owner anfangs außerdem, das richtige Abstraktionsniveau zu finden: Sprechen wir von einem Aufgabenbereich, einer Tätigkeit oder einem Detail? Ich beobachte allerdings, dass die Leute dafür in der Regel schnell ein Gespür entwickeln..
CIO.de: Wie verbreitet ist die Methode?
Winteroll: Zahlen dazu habe ich keine. Story Maps sind noch recht neu. In Deutschland kennen die Methode noch sehr wenige. Ich habe auch schon mit erfahrenen Scrum Masters gesprochen, die Story Maps nicht kannten. In den USA haben sich die Story Maps schon stärker durchgesetzt.
CIO.de: Danke fürs Gespräch.