Karriere neu überdenken
Was Führungskräfte künftig können müssen
Maassen nutzte die Erfahrungen aus der Krise, um der Bank eine neue "HR-Agenda" zu schneidern. Darin macht sich die HVB ernsthaft daran, die Macht der Männer zu beschränken. "Diversity", noch so ein Ex-Sonntagsreden-Begriff, heißt hier: Es gibt jetzt einen Frauenbeirat, der den Vorstand berät, und bis 2012 soll unter den obersten hundert Führungskräften jede fünfte weiblich sein; derzeit sind es 7 Prozent. Auch Erfolg wird bei der HVB nun neu bewertet und vergütet: Kundenzufriedenheit ist ebenso wichtig wie Vertriebserfolg, Prämienzahlungen orientieren sich am Ergebnis der ganzen Gruppe, der volle Bonus wird für die Topführungskräfte erst nach drei Jahren gezahlt. Langfristigkeit soll sich lohnen.
Noch mögen das vereinzelte Schritte sein, doch Topmanager wie Thomas Sattelberger beobachten zumindest in Teilen der Wirtschaftselite ein beginnendes Umdenken: "Die latente Skepsis gegenüber dem angelsächsischen Modell verschärft sich", sagt der Telekom-Personalvorstand. "Die Prioritäten haben sich vom reinen Aktionärsdenken stärker in Richtung Gesellschaft, Kunde und Mitarbeiter verschoben."
Bundes-Mikado-Republik
Solange es gut lief, sah niemand die Notwendigkeit zur Veränderung. Die Euphorie machte blind für die Risiken. Eine fatale Kettenreaktion: Erst verhindert der Erfolg das Nachdenken über Neues, dann steht der Misserfolg allem im Weg, was eine Alternative zu sturem Kostendrill sein könnte.
Ein Mechanismus, mit dem sich nicht alle abfinden. So mancher wirft der ZF Friedrichshafen Sozialromantik vor, wenn er hört, wie der Zulieferer mit der Krise umgeht: Er hält sich mit Entlassungen zurück und nutzt die Zeit zur Weiterbildung. Wer nichts zu tun hat, kann den Gabelstapler-Führerschein machen oder sich in einem Sabbatical zum Meister, Bachelor oder Techniker weiterbilden lassen - mit Stipendium. Kurzarbeitergeld wird über einen Sozialfonds aufgestockt. Paradiesische Zustände.
"Auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht: Wir machen das aus unternehmerischen Gründen", sagt Personalvorstand Thomas Sigi, "wir wollen nach der Krise stärker sein als vor der Krise. Das geht in einer so spezialisierten Branche nur, wenn wir die Stammbelegschaft halten und weiterbilden." Denn was die jetzt entwickelt, ist in etwa sieben Jahren im Einsatz. Vorerst allerdings trägt die Bildungsoffensive nicht gerade zur Entspannung der Finanzlage bei; immerhin rechnet die ZF mit einem Verlust von etwa 400 bis 500 Millionen Euro. "Aber jetzt an Forschung und Entwicklung zu sparen wäre fatal", so Sigi. Und gibt weiter Geld aus, das er nicht hat.