Zwischen Jinshui und Guanxi

ERP-Einführung in China

05.12.2012
Von Eberhard Hoffmann

Projektumfeld

Viele Anwender in China können bis dato nur wenig ERP-Knowhow vorweisen.
Viele Anwender in China können bis dato nur wenig ERP-Knowhow vorweisen.
Foto: Hoffmann/ABiC

Chinesische Geschäftsprozesse unterscheiden sich oft von internationalen Abläufen. Studien zufolge sind die Probleme bei ERP-Einführungen in China am größten, gefolgt von Russland und der Slowakei.

Arbeitsweise und Hierarchie: Vor allem auf der menschlichen Ebene gibt es aufgrund der sich stark voneinander unterscheidenden deutschen und chinesischen Kultur viele Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen den Projektmitgliedern.Grundsätzlich ist es für Deutsche einfacher, mit chinesischen Kollegen zu arbeiten, die bereits in Joint Ventures oder im Ausland tätig waren. Wichtig für eine erfolgreiche Kooperation ist dabei, dass die Beteiligten kulturelle Sicht- und Handlungsweisen gegenseitig erkennen und verstehen. Es ist üblich, dass Mitarbeiter im Umgang mit einem neuen ERP-System eine Funktion nur anwenden, wenn sie sich sicher fühlen und deren Auswirkungen kennen. Ist das nicht der Fall, verwenden sie die jeweilige Funktion oder sogar das ganze System nicht.

Nach der chinesischen Mentalität werden Hindernisse oft umgangen anstatt gelöst, indem die Mitarbeiter einfach andere Wege zum Ziel ausprobieren.

Dies steht allerdings im Gegensatz zum deutschen Prinzip einer zielorientierten, strukturierten und systematischen Arbeitsweise nach Zeitplan. Chinesische Mitarbeiter sind darauf getrimmt, Anweisungen von oben auszuführen, ohne sie zu hinterfragen. Wird ausnahmsweise einmal eine Anweisung verweigert, so geschieht dies auf eine eher stoische Art. Dieses hierarchisch orientierte Verhalten ist in ländlichen Regionen stärker ausgeprägt als in städtischen.

Vertrauensaufbau: Angesichts der kulturellen Unterschiede ist es elementar wichtig, Vertrauen zu Chinesen aufzubauen. Gerade zu Beginn einer Zusammenarbeit liegen viele Missverständnisse in den unterschiedlichen Erwartungshaltungen begründet und lösen so manchen Ärger und Verzögerungen aus. Besserwisserei und Ungeduld sind ungeeignet, die interkulturellen Herausforderungen zu bewältigen. Der Vertrauensaufbau funktioniert in der Regel nur durch einen persönlichen Kontakt. Ein persönliches Verhältnis zwischen den Kulturen kann auch dadurch aufgebaut werden, dass ein chinesischer Muttersprachler ins Kernteam des Einführungsprojekts nach Deutschland geholt wird.

Zeitverständnis: Die chinesischen Projektmitglieder konzentrieren sich meist sehr auf ihr Tagesgeschäft, wodurch sie langfris-tig angesetzte Arbeitspakete vernachlässigen oder gar vergessen. Aktuelle Themen verdrängen auf diese Weise vorher erteilte langfristige Aufgaben, ohne Berücksichtigung der Priorität oder Wichtigkeit.

Landesspezifika: Die landesspezifischen Probleme in einem Projekt können beispielsweise vermieden werden, wenn das gesamte Einführungsteam turnusmäßig vor Ort in China weilt. Das ist jedoch gerade für junge Unternehmen oft zu teuer. Eine erprobte Lösung ist es, einen chinesischen Projektleiter in China einzusetzen, der bereits in der westlichen Welt gearbeitet hat.

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