Fusion ohne Konfusion
Zeitversetzte Integration von 500 Töchtern
Um die IT arbeitsfähig zu halten, entschied sich Ventur für das Prinzip "lose Kopplung der Systeme" mit zeitversetzter Integration. Die jeweils eigenen IT-Teile sollten so lange arbeitsfähig bleiben, bis ein übergreifender Standard gefunden war. Keine unproblematische Aufgabe - schließlich mussten 500 Unternehmensteile von Brasilien über Kanada bis China zusammengeführt werden. Zudem stand zu Beginn der Umstrukturierung nicht einmal fest, wie die IT aufgestellt sein sollte. "Der Prozess lief - parallel zur Entwicklung der gesamten Organisationsstruktur des Unternehmens - bis Februar 2001", erinnert sich Ventur.
In dieser Situation hatten auch die Degussa-Fusionisten mit einem Problem zu kämpfen, auf das fast alle IT-Manager in Merger-Situationen treffen: mangelnder Informationsfluss. "Für die Konzernspitze ist die IT-Integration zumeist abgeschlossen, sobald die Systementscheidung steht. Danach liegt der Vorstandsfokus woanders, und die IT muss selbst sehen, wie es weitergeht", urteilt Accenture-Berater Gerds.
Nachdem bei Degussa die Organisationsstruktur feststand, konnte Ventur die IT-Strategie entwickeln. "Wir wussten nun, was da war und wohin das Unternehmen wollte. Dann mussten wir klären, wohin wir wollten."
Die wesentliche Frage in dieser Phase war, wie die verschiedenen SAP-Systeme vereinheitlicht werden sollten. "Das war eine Heidendiskussion" erinnert sich Ventur. Schließlich entstanden fünf SAP-Cluster, die sich an den Anforderungsprofilen der weltweit 22 Business- Units orientierten. 80 Prozent aller R/3-Anwendungen, so Ventur, seien mit diesem Portfolio standardisierter Programme abgedeckt.
Ventur hat seinen Job gemacht: Die IT bei Degussa steht - allerdings künftig ohne ihn. Zum 31. März hat er den Konzern verlassen; ein Nachfolger stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Wie sich etwa der SAP-Pilot SEM (Strategic Enterprise Management) und der weitere Ausbau der Portale entwickeln werden, beobachtet Ventur nur noch aus der Ferne. "Ich möchte jetzt gern aktiver gestalten", sagt er diplomatisch.