Komplexes IT-Projekt
Inside Airbus: Vor dem Erstflug des A350
Um es gleich vorwegzunehmen: Ein A350 ist kein Berliner Flughafen und ein Dreamliner keine Elbphilharmonie. Dass beide Langstreckenflieger nicht pünktlich in den Markt starten, hat mit ganz neuen Legierungen zu tun, die kein Ingenieur je in Großflugzeugen verbaut hat. Und mit weiteren Innovationen, wie etwa den Lithium-Ionen-Batterien, die im Dreamliner leider in Rauchwölkchen aufgingen. Blöd gelaufen. Jedenfalls für Boeing.
In der IT-Abteilung von Airbus herrscht hingegen entspannte Atmosphäre. Die Mai-Sonne strahlt über Toulouse. CIO Guus Dekkers sitzt mit vier von zwölf Mitarbeitern, die direkt an ihn berichten, im Casino. Die Serviererin kredenzt Bordeaux zum Mittagessen. Jeder nippt in kleinen Schlückchen, denn es gibt ja noch ordentlich zu tun. Im Groben läuft aber alles nach Projektplan beim A350. Schade, dass er jetzt später abhebt.
Von IT-Seite hätte man gerne schon früher bewiesen, dass beim jüngsten Flugzeug der Airbus-Familie alles viel besser läuft als noch beim A380. Damals kamen zu den technischen Problemen auch noch organisatorische Schwierigkeiten, alle Teile aus Europa zusammenzutragen. „"Alles viel, viel besser geworden, auch in der IT", sagt Dekkers. Doch der Reihe nach:
Zum Rumpf (IT-Mannschaft)
Rund 1250 Menschen arbeiten in der IT-Abteilung von Airbus, allein 100 neue kamen 2012 hinzu. Den Neulingen überreicht Dekkers gerne persönlich ein 300-Seiten-Handbuch mit dem schönen Titel "STAMP" (STAndard Management Process). Tom Enders, CEO der Airbus-Mutter EADS, grüßt darin im Vorwort mit dem Hinweis, dass Airbus mehr als 6000 verschiedene Geschäftsanwendungen pflege. Angestrebt sei aber, schlanke und harmonisierte Prozesse aufzusetzen. Des Weiteren mahnt Enders zusammen mit Dekkers, vier goldene Regeln einzuhalten:
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Begrenze und reduziere Abhängigkeiten.
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Maximiere die Wiederverwertung.
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Jedes Projekt muss der Konvergenz dienen.
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Abweichungen nur zulassen, wenn sie Kostenvorteile oder Wettbewerbsvorteile bringen.
Was das im Einzelnen heißt, kann niemand besser erläutern als Dekkers Mitarbeiter Peter Schoonjans. "Ich weiß gar nicht, wofür ich weniger beliebt bin - für StandardisierungStandardisierung oder für Sicherheit", fragt sich der Vice President of ICT Governance. Schoonjans ist seit 4,5 Jahren der Ober-Standardisierer. Er wird wohl auch noch ein wenig länger daran arbeiten, denn je mehr Erfolg er hat, desto größer wird die Aufgabe, auch noch die Zulieferer zu erreichen (siehe Triebwerke). Alles zu Standardisierung auf CIO.de
Auf Schoonjans Folien taucht häufig das Wort "Natco" auf. Was wie ein kleines, lästiges Nagetier klingt, meint die "National Companies", also Frankreich, Deutschland, UK und Spanien. Vielleicht nicht ganz unabsichtlich klingen Natcos so, als würden sie permanent die Strategie der Zentrale anknabbern. Für den CIO und seine zwölf Direct Reports ist es nach wie vor die größte Aufgabe, die historisch unterschiedlichen Verfahrensweisen zu vereinheitlichen.