Linux-Verband gegen Vergabepraxis

Microsoft-Vertrag entbindet Behörden nicht von Ausschreibungspflicht

27.06.2008
Von Alexander Galdy

Ausnahmen nur in Einzelfällen

Rechtsnawalt Thomas Feil: "Der Vertrag setzt keine vergaberechtlichen Vorschriften außer Kraft."
Rechtsnawalt Thomas Feil: "Der Vertrag setzt keine vergaberechtlichen Vorschriften außer Kraft."

Nur in Einzelfällen kann es zulässig sein, Software eines bestimmten Herstellers zu beschaffen, um die Kompatibilität zu bereits in Betrieb befindlichen Systemen zu gewährleisten. Allerdings sind die Anforderungen der Rechtsprechung an einen solchen Einzelfall hoch.

Möglicherweise verleitet der Titel "Select-Vertrag" zu dem Irrtum, die Beschaffung von Software-Lizenzen könne ohne Ausschreibung freihändig erfolgen, meint Elmar Geese vom Linux-Verband: "Viele Behörden und Vergabestellen haben Rahmenbedingungen mit Lieferanten, die in einem normalen Ausschreibungsverfahren zustande gekommen sind. Über diese können dann tatsächlich unkompliziert und ohne erneute Ausschreibung Leistungen des jeweiligen Herstellers bezogen werden."

Aber damit ist der BMI-Microsoft-Vertrag laut Geese nicht vergleichbar. Der Linux-Verband habe Verständnis dafür, dass betroffene Anbieter davor zurückschrecken, gegen mögliche Kunden vorzugehen. "IT-Anbieter sollten uns zweifelhafte Vergabeverfahren melden", rät deshalb Geese als Alternative.

Eile ist geboten

Auf jeden Fall ist in einem solchen Fall Eile geboten. Grundsätzlich sind Verstöße unverzüglich zu rügen. Gerichte erwarten eine Rüge gegen eine Ausschreibung innerhalb von wenigen Tagen nach Kenntnisnahme.

Aus seiner Erfahrung als Anwalt kennt Thomas Feil die typischen Schwierigkeiten bei Vergabeverfahren: "Aus technischer Sicht wird das Vergabeverfahren teilweise als Störung empfunden." Juristen sehen die rechtlichen Notwendigkeiten, haben aber selber in der Praxis durchaus Probleme, alle vergaberechtlichen Regelungen korrekt einzuhalten.

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