Retail IT


Unternehmen müssen mehr an ihre Kunden denken

„Nirgends wird mehr Geld verschenkt als im E-Commerce“

Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.
Professor Mario Fischer im Gespräch mit Michael Jost, Leiter des IT-Consulting beim Münchener Beratungshaus Scopar. Der Professor für Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Würzburg beschäftigt sich vor allem mit E-Commerce. Gerade bei der Gestaltung des Webauftritts sieht er noch großes Verbesserungspotenzial, was letztlich auch zu mehr Umsätzen führt.

Michael Jost: Herr Professor Fischer, wie groß ist der Bereich E-Commerce, B2B und B2C, in Deutschland und mit welchem Wachstum ist zu rechnen?

Professor Fischer: 2007 wird der Umsatz wohl bei etwas über 18 Milliarden Euro gelegen haben. Die jährlichen Wachstumsraten werden nun langsam kleiner, was aber völlig normal ist. Spannend sind aber nicht die aggregierten Umsätze, sondern die, die ein einzelnes Unternehmen machen kann. Der Löwenanteil wird noch immer von den großen Multi-Channel-Versendern gemacht. Bei mittel-ständischen und kleineren Unternehmen ist noch viel zu holen. Für 2010 rechnet der Branchenverband des Deutschen Versandhandels damit, dass bereits die Hälfte des gesamten Versandhandelsvolumens via Online erzielt werden wird.

Jost: Haben denn die kleineren Anbieter überhaupt eine Chance gegen die „Big Player“ anzukommen?

Fischer: Warum denn nicht? Im Web einzukaufen ist schneller, bequemer, oft günstiger und letztlich durch das Rückgaberecht für Konsumenten sogar „sicherer“. Hinzu kommt, dass eine optimierte Webseite, die gut in Suchmaschinen gefunden wird, auch dem Offline-Umsatz hilft. Das gilt für einen Frisör genauso wie für einen Nischenanbieter von Schlafanzügen für Zwerghamster. 14.000 Suchanfragen werden im Google-Netzwerk jede Sekunden gestartet, etwa ein Drittel davon hat einen lokalen Bezug. Die Menschen suchen zum Teil verzweifelt Produkte und Dienstleistungen – nur werden sie noch immer nicht oft fündig. Unternehmen nehmen häufig zu Unrecht an, eine eigene Webseite wäre ein lästiges Must-have und man könne damit kein Geld verdienen. Da bleibt unvorstellbar viel Geld auf der Straße liegen. Jacob Nielsen hat erst vor kurzem eine große Studie abgeschlossen, die besagt, dass im Schnitt 83 Prozent Umsatzsteigerungen durch Verbesserungen der Nutzung und Bedienbarkeit erreicht werden können.

Jost: Das ist aber doch branchenabhängig! Was nützt ein optimierter Web-Auftritt einem Unternehmen, was nur konventionelle Geschäfte macht?

Fischer: Das trifft auf alle Branchen zu. Gegenfrage: Wem würde ein „problemlos gefunden werden“ denn nicht nützen? Wie sollen Neukunden ein Unternehmen finden, dessen Namen, Standort und Produktbezeichnungen sie noch nicht kennen? Das geht am einfachsten über eine vernünftig gestaltete und für Suchmaschinen optimierte Website.

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