Mehr Interoperabilität
Oracle und Microsoft verknüpfen ihre Clouds
Pakt zielt auf Konkurrenten AWS
So mutmaßen denn auch Analysten, dass das Bündnis mit Microsoft ein Signal in Richtung AWS setzen soll. "Schließlich ist es kein Geheimnis, dass Oracle mittlerweile AWS als seinen größten Konkurrenten im Markt für Datenbanken sieht", sagt Gartner-Analyst René Büst. Allerdings lasse die Kooperation noch Fragen unbeantwortet. Beispielsweise, ob für Kunden weiterhin Kosten für den Datentransfer entstehen, wenn sie große Mengen an Informationen zwischen den beiden Cloud-Plattformen hin und her bewegen.
Im Großen und Ganzen schaffen sich beide Anbieter damit aber die Möglichkeit, gemeinsam auf Kunden zuzugehen, lautet Büsts Resümee. "Dieser Schritt kann sowohl Microsoft als auch Oracle dabei helfen, Kunden anzusprechen, die bereits Services von beiden Anbietern einsetzen, ohne den anderen unbedingt ausstechen zu müssen."
Neuer Schwung für Oracles lahmendes Cloud-Geschäft?
Mithilfe von Microsoft könnte Oracle sein Cloud-Business doch noch in Schwung bringen. Zuletzt hatten sich die Hinweise verdichtet, dass Oracle Probleme in dem so wichtigen Zukunftsmarkt hat. Gartner zufolge dominiert AWS mit einem Marktanteil von deutlich über 50 Prozent als unangefochtener Marktführer das globale Infrastructure-as-a-Service-Geschäft (IaaS). Microsoft, Alibaba und Google folgen mit deutlichem Abstand. Oracle taucht als eigenständiger Cloud-Anbieter nicht in den Rankings auf, sondern verschwindet unter "Sonstige Anbieter".
Ferner hatten Analysten Oracle dafür kritisiert, mittels geänderter Bilanzierungspraktiken seine enttäuschenden Cloud-Wachstumsraten zu verschleiern. Listete Oracle bis zum dritten Quartal des Finanzjahrs 2018 noch dediziert die Einnahmen mit SaaS- sowie zusammengefasst mit PaaS- und IaaS-Angeboten auf, verschwanden die Cloud-Umsätze seit dem darauf folgenden vierten Fiskalquartal in dem Posten "Cloud Services and License Support" - also Cloud-Einnahmen plus dem für Oracle wichtigen Umsatzbringer Wartung und Support für herkömmliche On-premise-Lizenzen. Auch in ihrer Kommentierung zum Cloud-Geschäft wurden die Oracle-Verantwortlichen immer einsilbiger.
Kunden würden bestehende Lizenzen weiter in der Cloud nutzen, hatte Oracles Co-CEO Safra Catz im vergangenen Jahr die veränderte Bilanzierung zu rechtfertigen versucht. Damit fielen weiterhin Wartungsgebühren an, aber eigentlich handele es sich bereits um Cloud-Geschäft. Vorwürfe, Oracle verstecke seine Cloud-Zahlen, um Schwächen in diesem Geschäftsbereich zu vertuschen, wies die Managerin zurück.
Den Verdacht, dass es um Oracles Cloud-Business nicht gut bestellt sei, konnte Catz allerdings nicht entkräften. Man könne davon ausgehen, dass sich das Cloud-Wachstum auf einem bestimmten Niveau eingependelt habe, während die klassischen On-premise-Umsätze weiter zurückgingen, stellte 2018 Angela Eager fest, Research Director bei TechMarketView. Den Mangel an Cloud-Transparenz bezeichnete die Analystin als frustrierend. Cloud- und On-premise-Umsätze nicht zu trennen, stehe im Widerspruch zur bisherigen Berichterstattung sowie den Gepflogenheiten der Wettbewerber im Softwaremarkt.
Machtkampf um Oracles Cloud-Strategie
Der Cloud-Pakt mit Microsoft kann als Zeichen gedeutet werden, dass sich die Pragmatiker im Oracle-Management durchsetzen. Im vergangenen Jahr gab es Anzeichen für einen Machtkampf in Reihen der Oracle-Führung, wie die künftige Cloud-Strategie aussehen sollte. Ende September 2018 hatte der Datenbankkonzern in einer spröden Mitteilung an die US-Börsenaufsicht erklärt, Produktchef Thomas Kurian habe das Unternehmen verlassen. In dieser Position verantwortete Kurian, seit 1996 bei Oracle, auch das Cloud-Geschäft und berichtete direkt an Ellison.
Spekulationen zufolge soll es zwischen beiden Managern Streit über den Cloud-Kurs gegeben haben. Demzufolge hatte Kurian dafür plädiert, Oracle-Software mehr für die Cloud-Infrastrukturplattformen von Wettbewerbern wie Amazon Web Services (AWS) und Microsofts Azure zu öffnen und damit die Basis für das eigene Cloud-Geschäft zu verbeitern. Dem wollte Ellison zum damaligen Zeitpunkt offenbar nicht folgen. Das scheint sich mittlerweile geändert zu haben. Den Pakt mit dem einstigen "Erzfeind" Microsoft wollte Ellison allerdings nicht kommentieren. Das überließ er dem neuen Cloud-Chef Johnson.