Wandel in der Krankenversicherung
Service schlägt Produkt
Markus Warg ist Professor an der FH Wedel und IT-Vorstand der Signal Iduna Gruppe.
Im Vergleich zu traditionellen Marktplätzen wie dem Wochenmarkt, auf dem physische Güter gegen Geld getauscht werden, steht bei Plattformen die Schaffung von Gebrauchsnutzen (value in use) im Vordergrund. Ressourcen wie Menschen, Anwendungen, Daten und Produkte werden mittels Plattformen vernetzt und übergreifende Prozesse automatisiert. Wertversprechen werden über Komplementoren erweitert und entfalten durch die Interaktion des Kunden ihren Nutzen im Moment des Gebrauchs. Der Nutzen von Plattformen für die Transformation von der
Güter- zur Servicedominanz wächst bei Einbindung weiterer Plattformen durch Netzeffekte exponentiell. Das hierbei entstehende Ökosystem ist ein Netz unabhängiger Einheiten, die aufgrund gemeinsamer Werte und Ziele zum Zweck wechselseitiger Wertschöpfung verbunden sind.
Eine neue Architektur
Auf Basis eines Ökosystems können Wissen und Fähigkeiten unterschiedlicher Unternehmen und Akteure zusammenfließen und zu innovativen Wertversprechen verknüpft werden. Dies erlaubt Unternehmen, ihre Anpassungsfähigkeit zu steigern und Mehrwertservices mit hohem Gebrauchsnutzen für Kunden zu schaffen.
Eine Möglichkeit zur Implementierung einer Plattform und eines Ökosystems bietet die Servicedominierte Architektur (SDA). Sie schafft als Architektur für Plattformen die Voraussetzungen für die Einbindung von Akteuren (Kunden, Unternehmen, etc.) sowie deren Gebrauchsnutzen durch Co-Creation. Hierfür werden einerseits Merkmale der servicedominierten Logik in der Architektur abgebildet und andererseits Eigenschaften von Plattformen in der technischen Realisierung sichergestellt.
Die SDA erlaubt eine fortlaufende Integration und Orchestrierung verschiedenster Ressourcen, um kundenzentrierte Lösungen in Echtzeit zu ermöglichen. Dies geschieht auf Basis von drei Servicesystemen und einem Datenhaushalt. Im (1) System of Interaction werden Voraussetzungen für ein interaktives, einheitliches Kundenerlebnis geschaffen. Das (2) System of Participation ermöglicht es, externe Partner mit komplementären Ressourcen und Services anzubinden. Im (3) System of Operant Resources werden das vorhandene Wissen und bestehende Fähigkeiten zur Lösungserstellung gebündelt. Zuletzt werden im (4) Datenhaushalt beziehungsweise Data Lake Daten systematisch aufgenommen und in Echtzeit ausgewertet, um so ständig hinzuzulernen, das Kundenverständnis zu vertiefen und eine fortlaufende Verbesserung der Serviceleistungen zu erreichen.
Im Ergebnis entsteht eine Serviceplattform auf Basis der SDA. Der Begriff Serviceplattform soll Plattformen, die primär auf immateriellen Ressourcen (Wissen, Fähigkeiten etc.) basieren, abgrenzen von den Plattformen der "asset builder", wie sie beispielsweise in der Fertigung von Kraftfahrzeugen verwendet werden.
Beispiel Gesundheits-App
Basierend auf der Serviceplattform können Akteure oder andere Serviceplattformen angebunden und ein Ökosystem geschaffen werden. Dafür steht zum Beispiel die elektronische Gesundheitsakte mit ihren Services bei der Versicherungsgruppe Signal IdunaSignal Iduna. In diesem Beispiel wird die Gesundheits-App SDK der IBM in die Kunden-App integriert, was die Rechnungseinreichung per Smartphone ermöglicht. Zusätzlich wird die Einbindung des Außendiensts ermöglicht: Auf Wunsch des Kunden erhält der betreuende Außendienstpartner in Echtzeit die Nachricht, dass von seinem Kunden Rechnungsunterlagen eingereicht wurden. Bei Bedarf kann dieser nun unterstützend aktiv werden. Top-500-Firmenprofil für Signal Iduna Gruppe