Enterprise Resource Planning
ERP in Zeiten der Digitalisierung
Neue ERP-Optionen ausloten
Wer sich jetzt überlegt, sein ERP-System durch ein neues abzulösen beziehungsweise die bestehende Software auf den neuesten Stand zu bringen, sollte strategisch vorgehen und das Projekt genau planen. Das beginnt schon mit der Diskussion in der eigenen Finanzabteilung. Dafür sollte man den richtigen Zeitpunkt abpassen. Um Rückendeckung für ein größeres ERP-Projekt zu bekommen, sollten die IT-Verantwortlichen nicht genau dann beim Finanzchef vorstellig werden, wenn dieser gerade in der heißen Phase für den Quartals- oder Jahresabschluss steckt. Hier ist Gefühl für das richtige Timing gefragt.
Hat man das Go, müssen sich die Verantwortlichen überlegen, wie sie ihr ERP auf Vordermann bringen wollen. Dabei können auch Cloud- und Software-as-a-Service-(SaaS-)Angebote eine überlegenswerte Alternative bilden. Die geringen Anfangsinvestitonen seien beispielsweise ein großer Vorteil von Cloud-ERP, erläutert Eric Kimberling, Managing Partner beim auf ERP-Beratung spezialisierten Unternehmen Panorama Consulting Solutions. Allerdings verwendeten derzeit vor allem kleinere Firmen entsprechende Cloud-ERP-Lösungen: "Ich sehe eine große Zahl kleiner Firmen, die Cloud-ERP einsetzen, aber nur eine kleine Zahl großer Firmen, die das tun."
Ein Grund, warum gerade große Unternehmen noch davor zurückschrecken, ihre Finanzsysteme der Cloud anzuvertrauen, sind Sicherheitsbedenken, sagt KPMG-Mann Mattioli. Diese bildeten den Kern jedes Unternehmens und dürften daher unter keinen Umständen ausfallen, beschreibt der Analyst die noch verbreitete Skepsis gegenüber Cloud-Lösungen. Falsche oder verlorene Finanzdaten könnten schließlich jede Firma in Konflikt mit regulatorischen Vorschriften bringen. Dem Gesetz zufolge müssen die verantwortlichen Manager dafür geradestehen und wandern für Fehler im schlimmsten Fall sogar ins Gefängnis.
Cloud-Lösungen von vornherein als potenzielle Risikofaktoren zu verteufeln sei jedoch falsch, warnt ERP-Spezialist Kimberling. Für die Anbieter entsprechender Lösungen besitze die Sicherheit der Kundendaten höchste Priorität: "SaaS-Provider können ihr Geschäft dichtmachen, wenn sie keinen sicheren Service liefern", so der Analyst. Der Anreiz, verlässlichen Service zu erbringen, sei also hoch.
Tatsächlich forcieren viele Softwarehersteller ihre Aktivitäten rund um Cloud-ERP - gerade auch die großen Softwarekonzerne, die in den vergangenen Jahrzehnten ihr Geschäft vor allem mit klassischen On-Premise-Produkten gemacht haben. Beispielsweise hat OracleOracle jüngst bekannt gegeben, für 9,3 Milliarden Dollar das Unternehmen Netsuite übernehmen zu wollen, einen Spezialisten für Cloud-ERP-Lösungen, die vor allem für kleinere und mittelgroße Firmen konzipiert sind. Alles zu Oracle auf CIO.de
MicrosoftMicrosoft hat kürzlich mit Dynamics 365 ein integriertes SaaS-Angebot für ERP und CRM geschnürt. Und SAPSAP bemüht sich geraumer Zeit, neben seinem auf die Belange kleiner und mittelgroßer Kunden zugeschnittenen Cloud-ERP-Paket Business ByDesign auch den Nachfolger der Business Suite, S/4HANA, in der Cloud in Position zu bringen. Alles zu Microsoft auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de
Der Markt für Cloud-ERP-Lösungen birgt noch großes Potenzial, konstatiert Oliver Giering, Analyst der Experton Group, und verweist auf die Vorteile der SaaS-Angebote. Kunden verständen immer häufiger die Dringlichkeit, interne Systeme an externe Datenquellen beziehungsweise Systeme anzudocken, um bei der Wertschöpfung alles im Blick zu haben und keine Silos aufzubauen. Dies gelinge nur über eine "Cloudifizierung" von bestehenden Lösungen beziehungsweise den Einsatz nativer Cloud-Lösungen. Paul Hamerman von Forrester Research verweist darauf, dass sich die Verbreitung von Cloud-ERP zwischen 2012 und 2014 von sechs auf 16 Prozent mehr als verdoppelt habe.
Dazu kämen weitere 19 Prozent, die den Einsatz eines ERP-Systems aus der Cloud konkret planten. 2012 waren es erst sechs Prozent. Der Forrester-Analyst räumt zwar ein, dass sich ein Cloud-ERP nicht automatisch für jeden Einsatz eigne, aber in vielen Fällen durchaus Vorteile biete, beispielsweise wenn es darum gehe, neue Geschäftsfelder oder -einheiten zügig zu unterstützen beziehungsweise in die Jahre gekommene, heterogene ERP-Landschaften abzulösen.