Sinn- und Wertefrage

Führen ohne Sinn ist sinnlos

Uwe Reusche ist Geschäftsführer von ifsm - Institut für Sales & Managementberatung GmbH & Co.KG. Er ist diplomierter Betriebswirt (FH) und war zwölf Jahre als Führungskraft in der Finanzbranche tätig. Seit 1995 ist er Trainer, Berater und systemischer Coach und Therapeut (CoreDynamik-zertifiziert). Sein Schwerpunkt liegt in der Beratung der Organisationsentwicklung und dem Leadership Training. Er ist Autor des Buches: "Sales Coaching als Führungsinstrument – wirksam führen im Vertrieb".
Wie engagiert Mitarbeiter sind, hängt stark davon ab, inwieweit sie ihr Tun als sinnvoll erfahren. Doch die Sinnhaftigkeit ihres Tuns ist für viele Mitarbeiter in der modernen Arbeitswelt oft nur noch schwer erfahrbar.
  • Unternehmen müssen sich immer wieder neu definieren
  • Menschen sehnen sich nach einer Arbeit, die sie als sinnvoll erfahren
  • Fünf Thesen zur sinnstiftenden Wirkung von Führungskräften im Betriebsalltag
Auch aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen sollten sich Unternehmen mit dem Thema Sinn befassen, denn generationenübergreifend sehnen sich die Menschen nach einer Arbeit, die sie als sinnvoll erfahren.
Auch aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen sollten sich Unternehmen mit dem Thema Sinn befassen, denn generationenübergreifend sehnen sich die Menschen nach einer Arbeit, die sie als sinnvoll erfahren.
Foto: Ditty about summer - shutterstock.com

Das Wort "Sinn" hat seine Wurzeln im althochdeutschen Wort "sinan", das so viel wie reisen, streben, trachten bedeutet. Doch wonach streben Menschen? Wohin wollen sie reisen? Wonach trachten sie? Studien belegen: Fast alle Menschen wollen Teil einer Gemeinschaft sein. Und wenn sie jemandem helfen, also etwas über ihren persönlichen Rahmen hinaus gehendes tun? Dann stellt sich bei ihnen ein Gefühl von Erfüllung, Zufriedenheit und Sinn ein.

Dieses Gefühl vermissen heute viele Mitarbeiter von (Groß-)Unternehmen bei ihrer Arbeit. Deshalb empfinden sie diese zunehmend als belastend. Das heißt: Statt (neue) Herausforderungen - getragen von einem positiven Eustress - beschwingt und voller Zuversicht anzugehen, bewegen sie sich in einer demotivierenden Disstress-Spirale, die auf Dauer zu einer inneren Kündigung oder einem Burnout führt. Deshalb stellt sich die Frage: Sollten sich Unternehmen und ihre FührungskräfteFührungskräfte mit der Sinnfrage befassen, oder ist die Frage nach dem Sinn im Business-Kontext Unsinn? Alles zu Führung auf CIO.de

Sinn ist im Betriebsalltag oft schwer erfahrbar

Vielen Unternehmen geht es heute wie den Banken. Ihr Markt wird aufgrund der Globalisierung immer härter und komplexer und ihre Rahmenbedingungen ändern sich immer schneller. Also müssen sie sich immer wieder neu definieren und ihre Strategien neu justieren. Das ist eine schwierige Managementaufgabe - auch deshalb, weil oft unvorhergesehene Ereignisse die Planungen torpedieren.

Deshalb nehmen die Mitarbeiter das Managementhandeln häufig nur noch als Schlingerkurs wahr, während sie zugleich das Damoklesschwert "Ertragssteigerung und/oder Entlassung" über sich spüren. Und weil sie sich nicht selten nicht ausreichend informiert und als Person und Arbeitskraft gewertschätzt fühlen, verlieren sie den Glauben an die Sinnhaftigkeit ihres Tuns.

Besonders ausprägt ist dieses Phänomen in Unternehmen und Branchen, in denen die Mitarbeiter, zuweilen begründet, einen Wertefall bei ihren Arbeitgebern spüren - wie zum Beispiel bei vielen Banken. Früher waren sie ein Sinnbild für ehrenhaftes Verhalten. Entsprechend stolz waren ihre Mitarbeiter, für sie zu arbeiten. Heute hingegen stehen dieselben Unternehmen nicht selten gesellschaftlich am Pranger - zum Beispiel, weil sie vermögende Kunden systematisch beim Steuerbetrug unterstützten oder gar kriminelle Handlungen begingen, wie den Libor und Euribor zu manipulieren, und so der Allgemeinheit schadeten.

Immaterielle Werte schaffen materielle Werte

Dieser vermeintliche oder reale Werteverfall wirkt auf die Mitarbeiter zurück. Sie fragen sich zunehmend: "Was ist der Sinn meiner Arbeit? Kann er ausschließlich darin bestehen, die Umsatzrendite meines Arbeitgebers zu steigern und die Vermögen irgendwelcher, ohnehin schon gut betuchter Kapitalgeber zu mehren? Verschafft mir das auf Dauer Erfüllung und Befriedigung?" Nicht selten lautet die (unausgesprochene) Antwort: nein. Mit der Folge, dass sich die Mitarbeiter nur noch bedingt für ihren Arbeitgeber engagieren, weil sie sich nur noch eingeschränkt mit dessen Zielen und Handlungen identifizieren und hinter all ihrem Tun die nicht oder negativ beantwortete Sinnfrage steht.

Deshalb sollten sich Unternehmen intensiv mit dem Thema Sinn, sprich Werte, befassen. Denn die Antworten auf diese Fragen beeinflussen die Unternehmenskultur und somit die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter. Und diese Faktoren wirken sich wiederum auf die Produktivität und somit Rendite aus. Oder anders formuliert: Die immateriellen Werte schaffen materielle Werte - durch ihre Strahlkraft nach innen und Wirkung nach außen.

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