Personalberatung
Wenn die Bewerbung beim eigenen Chef landet
Wo ist das Problem, wenn der eigene Lebenslauf in der Branche zirkuliert? Ein bisschen Prominenz kann doch nicht schaden, oder? "Leider doch", sagt einer, der es wissen muss: Thomas Biber, Geschäftsführer der Personalberatung Biber & Associates. "Wer als Bewerber die Kontrolle über seine Daten verliert, ist schnell verbrannt und kann - unabhängig von seinen Fähigkeiten - unvermittelbar werden."
Thomas Biber vermittelt SAP-Berater an Unternehmen. Eine typische Frage, die Bewerber oft an ihn stellen, lautet: "Haben Sie schon Rückmeldung vom Auftraggeber?" Neulich hieß seine Antwort darauf: "Ja, er hat postwendend abgesagt. Die Personalabteilung kannte Sie schon." Darauf der Bewerber, überrascht: "Wie ist das möglich?"
Nur einen Schuss frei
Woran erkennt man einen seriösen Personalberater? Meistens klärt sich im weiteren Gespräch, dass der Jobsuchende seinen Lebenslauf an mehrere Personalberater übergeben hat. Was er nicht bedacht hat, und was viele nicht wissen oder einfach ignorieren: "Bei der Bewerbung in einer Firma mit einer professionellen HR-Abteilung hat man nur einen Schuss frei", so Biber.
- Vorab-Überlegung
"Wichtig ist die Vorbereitung auf das Gespräch. Der Bewerber darf da nicht einfach locker rangehen, sondern sollte sich vorher überlegen, wie er sich den Gesprächsablauf vorstellt." - Erscheinungsbild Business Casual
"Business Casual sollte auch für Entwickler Pflicht sein. Das beinhaltet die Krawatte, nicht aber zwingend den dunklen Anzug. Wer in der neuen Stelle Kontakt zu Kunden haben wird, sollte beim Bewerbungsgespräch so erscheinen, wie zu einem Kundentermin." - Informatiker-typisch
"Nach wie vor tendieren Informatiker dazu, sich sehr fachorientiert zu präsentieren. Sie setzen voraus, dass der Gesprächspartner sie versteht und Interesse an technischen Einzelheiten hat." - Gilt die These "Wer fragt, führt"?
"Es ist grundsätzlich nicht verkehrt, die Initiative zu übernehmen, gerade für Führungskräfte. Dabei sollte man aber Flexibilität mitbringen und aktiv zuhören. Aktiv zuhören heißt, aufmerksam zuhören, Rückfragen stellen und auf die Körpersprache des Gegenübers achten." - Tabu-Fragen
"Es gibt keine absoluten Tabus. Fragen, die für den Bewerber sehr wichtig sind, sollten immer gestellt werden. Aber man sollte berücksichtigen, dass jede Frage immer etwas über den Fragenden selbst aussagt. Fragen, die als unangemessen oder unverschämt empfunden werden, sollte man tunlichst vermeiden." - Die Höhe des gewünschten Gehalts
Man kann sich in Gehaltsfragen bei Bekannten informieren oder im Internet recherchieren. Es gibt viele kostenpflichtige Gehaltsstudien, aus denen manchmal Auszüge oder Zusammenfassungen frei veröffentlicht werden. Und wer über einen Personalberater geht, fragt den." - Gewünschte Weiterbildung
"Die Frage nach Weiterbildungsmöglichkeiten ist gut formuliert, wenn sie eine Win-Win-Situation nahelegt. Das kann beispielsweise so formuliert werden: „Welche Möglichkeiten bieten Sie mir, mich zu verbessern?“ - Dr. Gerhard Humbert, HSC Personalmanagement
Gerhard Humbert von HSC Personalmanagement gibt Informatikern Tipps für erfolgreiche Bewerbungsgespräche.
Wer beim ersten Anlauf kein Interesse hervorrufen kann, erhält auch bei der zweiten und dritten Bewerbung keine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Das hat mit der Prozesseffizienz von HR-Abteilungen zu tun, die keine Zeit haben, Doppelbewerbungen durchzusehen. Den HR-Verantwortlichen ist oft gar nicht klar, dass die Bewerber von ihrer ersten angeblichen Bewerbung möglicherweise gar nichts wissen. "Unseriöse Marktteilnehmer nutzen die Lebensläufe als Lockvögel in wahllosen Rund-Mailings an Unternehmen.
Ihre Hoffnung besteht darin, durch das Interesse des Unternehmens an einem Kandidaten einen Fuß in die Tür zu bekommen", so Biber. Der Kandidat erfahre davon nicht einmal etwas, geschweige denn, dass er um sein Einverständnis gebeten werde. Und noch schlimmer: Nicht selten landet so eine Bewerbung sogar auf dem Tisch des noch aktuellen Vorgesetzten. "Solche Methoden bringen die Kandidaten am Arbeitsmarkt um ihre Chancen."