Schöne Öde

Langeweile kann Karriere fördern

21.05.2013
Von Daniel Rettig

Drogen gegen die Öde

In den Siebzigerjahren fanden Wissenschaftler heraus, dass sich Soldaten in amerikanischen Waffendepots die Zeit unter anderem damit vertrieben, Wettrennen zu veranstalten oder stundenlang Karten zu spielen. Der Grund: Ihnen war langweilig.

Als amerikanische Psychiater nach dem Vietnamkrieg Veteranen befragten, bemerkten sie, dass viele im Dienst Drogen genommen hatten. Ein Marine-Infanterist gab zu, während seiner Schicht auf dem Flugzeugträger USS Independence fast täglich LSD eingeschmissen zu haben. Die Droge war für ihn der einzige Weg, mit seiner Langeweile umzugehen.

Aus diesen und anderen Studien gewannen Wissenschaftler eine Erkenntnis: Von Langeweile seien vor allem jene Berufe betroffen, die sich durch einen hohen Grad an Monotonie auszeichnen und gleichzeitig Wachsamkeit erfordern - Pförtner, Sicherheitsleute oder Fluglotsen zum Beispiel.

Paradoxe Ödnis

Doch das Gefühl kennen auch andere Büroangestellte. So ergab eine Umfrage unter 10.000 amerikanischen Arbeitnehmern im Jahr 2005, dass jeder Dritte Zeit verdaddelte, weil ihm langweilig war.

Manche Forscher glauben sogar, dass sich heutzutage immer mehr Menschen langweilen. Nun klingt das erstmal paradox. Warum sollten wir inmitten von E-Mails, Anrufen, SMS, Besprechungen und Abgabeterminen gelangweilt sein? Es gibt doch immer was zu tun! Auf der einen Seite mag das stimmen. Doch wahr ist eben auch: Viele dieser Reize verleihen unserem Leben keine Bedeutung. Sie befriedigen uns nicht. Sie hinterlassen ein Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit - und genau das passiert auch bei Langeweile. Sie könne tatsächlich zu einem "ernsthaften Problem" werden, schrieb vor einigen Monaten John Eastwood, Psychologe der York Universität.

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