Strategien


Mercedes-Benz-Group-CIO Katrin Lehmann

Die KI-Strategie von Mercedes-Benz

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
 CIO Katrin Lehmann: "Wir sind nicht die IT, sondern: WeT. Automobilbau und erst recht IT sind der ultimative Teamsport"
CIO Katrin Lehmann: "Wir sind nicht die IT, sondern: WeT. Automobilbau und erst recht IT sind der ultimative Teamsport"
Foto: Mercedes-Benz

Gibt es weitere Implikationen?

Katrin Lehmann: Aber auch die Art und Weise, wie wir Automobile entwickeln und bauen, ändert sich. Denken Sie nur an das Stichwort Digital Twin. Mit Augenmaß wollen wir alles digitalisieren, was man digitalisieren kann. Das Physische folgt dem Digitalen. Wie gehen wir mit dieser Technologie in Forschung, Entwicklung und Produktionsplanung um? Das ganze Thema Technologie ist sowohl für Mercedes-BenzMercedes-Benz total spannend als auch für die ganze IndustrieIndustrie. Top-500-Firmenprofil für Mercedes-Benz Group AG Top-Firmen der Branche Automobil

Mit KI schneller coden als SMS schreiben

Oder nehmen Sie das Thema KI, wo von einer "industrial revolution on steroids" gesprochen wird. Wie verändert sich damit die Art und Weise, wie wir arbeiten? Was hat das für Implikationen auf unsere IT-Landschaft? Wie können wir unsere Nutzerinnen und Nutzer, aber auch unsere eigenen Softwareentwicklerinnen und -Entwickler besser unterstützen?

Als ich vor 20 Jahren mit dem Coden angefangen habe, konnte ich von den Möglichkeiten, die es heute dank KI gibt, nur träumen. Es fehlt nicht mehr viel und man kann schneller coden, als eine SMS zu schreiben.

Was bedeutet das in der Praxis?

Katrin Lehmann: Man muss sich vor Augen führen, wie KI auf beeindruckende Weise heute schon die Entwicklung bei Mercedes-Benz atemberaubend beschleunigt: Über 5000 Software-Developer nutzen den GitHub Copilot im Konzern. Sie bestätigen uns hierbei eine tägliche Einsparung von mindestens 30 Minuten. In Summe ist das heute schon eine gewaltige Stundenzahl, die uns eine enorme Erleichterung in der Entwicklung bringt.

Dank KI sparen die Software-Developer bei Mercedes-Benz jeden Tag 2.500 Stunden.
Dank KI sparen die Software-Developer bei Mercedes-Benz jeden Tag 2.500 Stunden.
Foto: Mercedes-Benz

Aber alle Bereiche des Unternehmens befinden sich gerade in einer Transformation und diese läuft immer schneller ab, statt langsamer. KI wird die Welt genauso beschleunigen wie die Erfindung des Automobils. Wir haben uns entschieden, dabei auf dem Fahrersitz zu sein.

Lassen Sie mich noch auf einen anderen Punkt zurückkommen, die staubigen Ecken. Was ist das für Sie - Legacy-Hardware, Legacy-Code?

Katrin Lehmann: Wir haben Technologien im Einsatz, die nicht sukzessive, sondern schnell ersetzt werden müssen. Das ist aber auch normal in großen Unternehmen mit langer Historie.

Sie loben Ihre IT-Mannschaft und ihre Innovationsbereitschaft. Gibt es dennoch eventuell Punkte, wo Sie Verbesserungsbedarf sehen?

Katrin Lehmann: Eine IT-Organisation, die schon lange dabei ist, die neugierig ist, braucht Möglichkeiten, um zu lernen und um sich weiterzuentwickeln. Da sind wir schon gut unterwegs, düfen aber nicht nachlassen:

Wir können die begehrenswertesten Autos der Welt nur dann bauen, wenn wir auch in der IT die besten Prozesse haben. Genauso können wir nur dann lebenslang erfolgreich sein, wenn wir lebenslang lernen. Ich persönlich bin ein großer Fan davon, sich regelmäßig Zeit zu nehmen, um zu lernen. Ich bin selbst Poweruser des Mercedes-Benz Direct Chats, unserer internen generativen KI-Lösung, und auch von GitHub Copilot. Meine Kolleginnen und Kollegen und ich zeigen uns oft gegenseitig, was wir wieder Tolles rausgefunden haben.

Lernen über Fehler zu sprechen

Katrin Lehmann zählt sich zu den Powerusern der internen GenAI-Lösung Mercedes-Benz Direct Chat.
Katrin Lehmann zählt sich zu den Powerusern der internen GenAI-Lösung Mercedes-Benz Direct Chat.
Foto: Mercedes-Benz

Diese Neugierde sollte jeder offen aussprechen. Ebenso wie man auch zugeben sollte, wenn man etwas nicht weiß. Oder wenn etwas vielleicht mal nicht so gut funktioniert hat. Es gibt immer noch Kolleginnen und Kollegen, denen es schwerfällt, offen über Fehler zu sprechen. Die "Failure Culture" gilt es deshalb weiter zu fördern, weil ich glaube, dass man aus Fehlern mehr lernt als aus Erfolgen.

Das ist für mich auch Teil einer lernenden Organisation. Denn keiner von uns kennt die Themen, die noch auf uns zukommen. Keiner von uns hat den Job schon so gemacht, wie er jetzt auf uns zukommt. Das heißt, wir müssen alle lernen und wir müssen alle offen darüber sprechen können, wenn mal etwas schiefgegangen ist - auch wenn uns das meiste gut von der Hand geht.

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