Strategien


Mercedes-Benz-Group-CIO Katrin Lehmann

Die KI-Strategie von Mercedes-Benz

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Aber ich glaube, dass dies ein allgemeines deutsches Phänomen ist, dass man Fehler grundsätzlich negativ betrachtet und nicht als Chance oder Challenge sieht.

Katrin Lehmann: Hier sehe ich vor allem uns Führungskräfte in der Verantwortung, diese Fehlerkultur zu stärken. Zudem bin ich überzeugt: IT wird in einem Weltkonzern wie Mercedes-Benz nur dann erfolgreich sein, wenn wir es als Team leben. Ich sage deshalb: Wir sind nicht die IT, sondern: WeT. Automobilbau und erst recht IT sind der ultimative Teamsport.

In Vorbereitung auf unser Gespräch habe ich unser CIO-Jahrbuch zu Rate gezogen. Das weist für den Mercedes-Benz-Group-CIO ein hohes einstelliges Milliardenbudget pro Jahr aus. Wofür wollen Sie dieses verwenden?

Katrin Lehmann: Prinzipiell geht es darum, die IT-Produktivität zu erhöhen. Auf der anderen Seite haben wir die angesprochenen Herausforderungen zu bewältigen und wollen auch sparen, wo nötig. Runter mit den "Running Costs".

Runter mit den Running Costs

Wie wollen Sie das bewerkstelligen?

Katrin Lehmann: Wir müssen mehr Streamlinen und stärker in die StandardisierungStandardisierung gehen. Wir nennen das ganze "Radical Standardization", eine Initiative, um die Komplexität aus den Prozessen rauszunehmen und wieder vermehrt auf Standards zu gehen, wo es sinnvoll ist. Haben wir schon eine Lösung, mit der wir ein Business-Thema lösen können? Falls nein, gibt es Standardprodukte, die wir nutzen können? Dazu gehört ebenfalls, bestehende Bestandteile immer wiederverwenden zu können. Alles zu Standardisierung auf CIO.de

So wollen wir uns Freiraum schaffen, um in neue Innovationen investieren zu können. Dies gilt insbesondere für KI. Dadurch erwarten wir auch eine Effizienzsteigerung und eine Aufwertung unserer Produkte.

Man kann nicht nur die coolen Sachen machen, man muss auch aufräumen. Man kann nicht nur investieren, sondern man muss auch sparen. Es muss natürlich immer in einer guten Balance passieren - nur dann können wir erfolgreich sein.

Verstehe ich Sie richtig, do it yourself hat für Sie eine nachgeordnete Bedeutung, standardisierte Lösungen stehen an erster Stelle?

Katrin Lehmann: Das hängt davon ab, ob ein Prozess für uns strategisch relevant und differenzierend ist. Falls Ja, entwickeln wir eine eigene Lösung. Handelt es sich um einen Prozess, den alle großen Unternehmen durchführen - etwa Finanzwesen, Buchhaltung etc. - dann ist das für mich kein differenzierender Prozess und wir können bei Mercedes-Benz Standardsoftware einsetzen.

Also wäre eine klassische Textverarbeitung wie Word für Sie kein differenzierender Prozess, eine Factory 56 oder die Plattform MO360 aber schon?

IT für differenzierende Prozesse, wie etwa in der Factory 56, entwickelt Mercedes-Benz selbst.
IT für differenzierende Prozesse, wie etwa in der Factory 56, entwickelt Mercedes-Benz selbst.
Foto: Mercedes-Benz

Katrin Lehmann: Ja, wobei wir aber auch da mit Partnern zusammenarbeiten, die uns die Plattform zur Verfügung stellen. Den strategischen Teil, der für uns unter IP-Gesichtspunkten relevant ist, den entwickeln wir selbst.

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