Cloud Computing


Forrester warnt

3 Schritte für die Cloud-Migration

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
General Electric hat angekündigt, vollständig in die Amazon-Cloud zu migrieren. Forrester rät Anwendern davon ab. Nicht jede App eigne sich für die Public Cloud.
  • Cloud kostet immer noch mehr als On Premise
  • Forrester empfiehlt, jede Anwendung auf ihre Eignung hin zu überprüfen
  • Am internen Migrationsteam sollte nicht gespart werden
  • Keine Scheu vor Automatisierungstool kleiner Startups
"Die beste Migration in die Cloud ist möglicherweise, überhaupt nicht zu migrieren", meint Forrester Research.
"Die beste Migration in die Cloud ist möglicherweise, überhaupt nicht zu migrieren", meint Forrester Research.
Foto: Slasha - shutterstock.com

Die Public Cloud hat gerade Konjunktur. Neu ist: Große Unternehmen denken darüber nach (oder tun genau das schon), ihre zentralen Systeme - die Systems of Records - komplett in die öffentliche Wolke auszulagern. Manchmal steht dahinter eine selbst entwickelte Strategie: die Public Cloud als gewollte einzige Outsourcing-Lösung. Manchmal kommt der Impuls von den eigenen und bewährten Hosting-Dienstleistern, die voll auf AmazonAmazon Web Services (AWS) und Co. setzen und denen die Anwender schlichtweg folgen. Die Analysten von Forrester Research schlagen angesichts dieser Entwicklung Alarm. Alles zu Amazon auf CIO.de

Einsparungen bringt die Cloud nur selten

Mit Blick auf Großunternehmen, die ganz auf die Outsourcing-Karte Public CloudCloud setzen wollen, schreibt Analystin Lauren E. Nelson in einer aktuellen Studie: "Firmen in diesem Lager glauben grundsätzlich daran, dass der überwölbende Mehrwertgewinn Kosten-, Migrations-, Sicherheits- und Compliance-Fragen überwiegt." Nelson fügt an: "Forrester ist nicht dieser Meinung." Eine ähnlich klare Formulierung folgt weiter unten in der Studie: "Die beste Migration in die Cloud ist möglicherweise, überhaupt nicht zu migrieren." Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

Nun erschöpft sich die Forrester-Analyse nicht darin, auf die Risiken zu verweisen. Die Autorin liefert daneben einen Fahrplan, wie Anwender in drei Schritten eine Cloud-Migration angehen sollten. Diese drei Schritte lassen sich auf drei grundlegende Ratschläge zuspitzen:

  • Erstens sollten immer die am besten geeigneten Anwendungen zuerst migriert werden, die kompliziertesten zuletzt.

  • Zweitens ist für jede Applikation der optimale Pfad herauszufinden - ansonsten droht es bei schlechter Performance teuer zu werden.

  • Drittens benötigt man für eine Migration hochqualifiziertes Personal. Nelson spricht von einem "Dream Team". Hier am Personal zu sparen, sei ein kostspieliger Fehler.

Die Verve, mit der Analystin Nelson gegen den unter anderem von General Electric Ende vergangenen Jahres eingeleiteten Trend zu Felde zieht, speist sich aus nach ihrer Einschätzung vergessenen Lektionen. Um 2011 sei es eigentlich Konsens geworden, nicht voll auf die Public Cloud alleine zu gehen. Forrester erinnert an die Gründe dafür.

On Premise kostet weniger als Cloud

Immer noch spreche der Preis für eine differenzierte Herangehensweise, so Forrester. Cloud Storage und variable Workloads versprechen zwar deutliche Kostenschnitte. Aber On-Premise-Gebühren seien immer noch niedriger als die entsprechenden Ausgaben für Cloud-Plattformen, auch wenn reservierte Instanzen hier für eine Optimierung gesorgt haben. Auch die Fixkosten verschwinden laut Forrester durch einen Umzug in die Wolke nicht gänzlich: "Wenn Kosten fest sind, werden sie durch OutsourcingOutsourcing nur erhöht." Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Cloud-Migrations-Tools seien nützlich für Konversionen im Machine-to-Machine-Bereich (M2M) und für Replikationen, aber sie adressierten keine Inkompatibilität der Anwendungsarchitektur, so Forrester weiter. Für manche Applikationen drohe deshalb eine verschlechterte Leistungsfähigkeit. Zudem könnten Security- und Compliance-Angelegenheiten teuer werden - und überhaupt sei Cloud-Migration nicht umsonst zu haben.

Weil sich der Nutzen einer Auslagerung schwer pauschal beurteilen lässt, empfiehlt Forrester dringlich, jede in Frage kommende Applikation einzeln zu analysieren. Bestimmend sollten drei Leitfragen sein:

1. Wie hoch sind Wert und Kosten einer Migration? Die Entscheidung hängt laut Nelson vom Prozess ab, der für die spezifische App benötigt wird. "Für manche Apps wird realistischerweise eine Hosted Private Cloud-Umgebung besser geeignet sein", so die Analystin.

2. Wie soll der Workload migriert werden? In dieser Frage ist ein Profil über den richtigen Ansatz und die damit einhergehenden Kosten für jede einzelne App nötig.

3. Wer wird die Migration durchführen? Alleine ist eine Migration schwer zu stemmen. Tools können bei der zeitlichen Bewältigung helfen, Services die Lücken in der hauseigenen IT füllen. "Die ersten Migrationen benötigen vermutlich den umfangreichsten Support", so Forrester.

Schritt 1: Überprüfung der Apps

Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung von Forrester nur selten der Treiber für eine Cloud-Migration. In der Regel gilt es deshalb für die einzelnen Apps zu identifizieren, welcher nicht rein finanzielle Mehrwert sich in der Wolke realisieren lässt. Das Spektrum reicht hier von geographischer Präsenz (gewünschte Lokalisierung von Rechenzentren) über bessere Skalierbarkeit hin zu gemanagtem Support durch Cloud-Anbieter. Entscheidender Nutzen kann auch aus der Nähe zu bereits in der Cloud angesiedelten Anwendungen und durch nachhaltige Entwicklungstools resultieren.

Bei der Kostenkalkulation sind zunächst die Planung und das Design der Migration zu berücksichtigen. Forrester weist darauf hin, dass sich hier die Kosten für das erste Projekt zumeist in der Folge nicht wiederholen. Ferner sind die Kosten fürs Personal und die Cloud-Plattform zu veranschlagen. Genau zu achten ist außerdem auf die Gebühren für Software-Lizenzen, denn nicht immer sind die Lizenzierungsmodelle an eine Cloud-Infrastruktur angepasst.

Schritt 2: Wahl des passenden Migrationsmodells

"Ein schlechte Wahl endet in einem negativen Kundenerlebnis, Ausfallzeiten, zu hohen Ausgaben, Lizenzverstößen, Sicherheitslücken und schlechter Performance", warnt Forrester. Fehler könnten sich als irreversibel erweisen und geschäftlich nicht mehr zu behebenden Schaden verursachen. Darum seien umsichtige Entscheidungen dringend geboten. Zur Auswahl stehen fünf Optionen:

SaaS-Substitution: Bevor man Methoden zum Umzug bestehender Apps prüft, sollte man den SaaS-Markt nach gangbaren Alternativen absuchen. Weil der Reifegrad zwischen den App-Kategorien aber beträchtlich schwankt, gibt es womöglich kein passendes Angebot.

Lift-and-shift: Migrations-Tools führen hier kleinere automatisierte Infrastruktur-Konversionen aus, an der Anwendung selbst gibt es höchstens marginale Änderungen. Darum wird diese Option oft bei nicht modifizierter Stangenware genutzt.

Lift-and-extend: Die verbreitetste Methode laut Forrester. Es erfolgt ein Rehosting der App in einer Public Cloud inklusive signifikanter Anpassungen. Der Ansatz wird sowohl bei vorgefertigten als auch bei selbst entwickelten Anwendungen gewählt.

Hybrid extension: Hier wird die App nicht unbedingt physisch bewegt, sondern in der Public Cloud ergänzt. Was nicht in die Cloud wandern muss, bleibt zum Beispiel On-Premise. Oder kommt in eine Hosted Private Cloud-Umgebung. Vorsicht ist geboten wegen der Latenz zwischen den beiden Seiten.

Full redesign: Ein vollständiges Redesign kostet logischerweise am meisten Zeit und Geld. Darum kommt diese Option insbesondere für langlebige, hochwertige und auf den eigenen Bedarf zugeschnittene Anwendungen in Frage. Das Umschreiben auf Cloud-Erfordernisse kann sogar zu optimierter Performance führen.

Schritt 3: Das richtige Team zusammenstellen

Bei Cloud-Migrationen herrscht kein Mangel an Dienstleistern, die den Prozess mit einer Reihe von Tools und Beratungsleistungen begleiten können. "Aber das kann schnell die Kosten in die Höhe treiben", warnt Forrester-Analystin Nelson. Wer vorne dran sein möchte, entwickelt darum ein internes Team, das auf Anwendungsarchitektur in Verbindung mit Cloud-Provider-Expertise spezialisiert ist. In den Unternehmen arbeiten diese Spezialteams vor allem an strategischen Entscheidungen und am Anwendungsumbau. Ambitionierte Entwicklungsaufgaben werden häufig dennoch ausgelagert, ebenso kommen Migrationstools zum Einsatz.

Forrester rät, Lücken in einem solchen Team - gegebenenfalls zeitlich begrenzt - mit Hilfe von externen Partnern zu besetzen. Der Einsatz von Automatisierungstools wird ebenfalls empfohlen, um die Zeitressourcen des Teams für die Kernfelder Strategie, Anwendungsarchitektur und nicht-automatisierte Aufgaben zu konzentrieren.

Bei der Zusammenstellung des Teams sind vielfältige Talente gefragt. Konkret: Expertise im Bereich Advanced Cloud Platform, Wissen über Anwendungsarchitektur, Application Owner Participation (Spezialisten, die womöglich gar nichts über die Cloud wissen, aber sich perfekt mit Performance und Konnektivität einzelner Apps auskennen), Best Practices für zeitgemäße Entwicklung.

Hinzu kommt wie erwähnt die Nutzung von Spezialtools, und zwar da, wo sie benötigt werden. Laut Forrester müssen sich Anwender in diesem Fall keine Sorgen machen, wenn diese von kleinen Startups kommen. Da es um eine einmalige Migration handelt, muss Nachhaltigkeit der Beziehung keine besondere Rolle spielen.

Die Quintessenz der Forrester-Empfehlungen fasst Analystin Nelson in einer Redensart zusammen: Was nicht kaputt ist, muss man nicht reparieren. Soll heißen: Cloud-Migration gerne, aber nur da, wo sie wirklich etwas bringt.

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